Frage an den SZ-Jobcoach:Wie begegne ich Neid im Team?

Andreas Z. war Mitarbeiter in einem gleichberechtigten Team, nun hat er mehr Verantwortung bekommen - und fühlt sich von den Kollegen angefeindet. Wie soll er mit der neuen Situation umgehen?

SZ-Leser Andreas Z. fragt:

In meiner Abteilung arbeiten zwei Männer und zwei Frauen. Bis vor Kurzem war ich gleichberechtigter Teil des Teams. Jetzt habe ich mehr Verantwortung bekommen und treffe auch Entscheidungen bezüglich der Tätigkeiten und Planung der Arbeit. Wir hatten vorher ein gutes Verhältnis, jetzt schlägt mir ein gewisses Misstrauen entgegen. Ich vermute Neid dahinter. Was kann ich tun, um die Stimmung zu verbessern und dem ablehnenden Verhalten entgegenzuwirken?

Georg Kaiser antwortet:

Lieber Herr Z., mit Ihrer Vermutung, die Mitarbeiter seien neidisch, richten Sie den Fokus ganz auf die Unzulänglichkeiten Ihrer Mitarbeiter. Ich halte es für zielführender, den Blick zunächst auf sich selbst zu richten. Für Ihre Mitarbeiter haben Sie einen Rollenwechsel vollzogen. Sie agieren nicht mehr auf der gleichen Ebene. Sie haben Entscheidungskompetenzen bekommen und können Arbeitsinhalte vorgeben. Das Abhängigkeitsverhältnis ist ein anderes geworden.

Der SZ-Jobcoach

Georg Kaiser arbeitet als Wirtschaftsmediator, Managementtrainer, Coach, Supervisor und Gestalttherapeut in Bremen.

"Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht", lautet ein serbisches Sprichwort. Oft ist im Vorfeld nicht abzusehen, was ein Macht- oder Statusgewinn mit einem macht. Manche verändern ihr Verhalten grundlegend, andere bleiben weitgehend so, wie sie waren. Ihre Mitarbeiter werden prüfen, wie Sie Ihre veränderte Berufsrolle umsetzen. Und je kritischere Erfahrungen sie in ihrem Leben mit Macht und Abhängigkeit gemacht haben, desto vorsichtiger werden sie Ihnen zunächst begegnen. Die reservierte Haltung werden sie erst dann aufgeben, wenn sie einschätzen können, wie Sie Ihre Entscheidungs- und Einflussmöglichkeiten nutzen.

Diesen Prozess des Abtastens können Sie beschleunigen, indem Sie offen ansprechen, welche Ziele Sie verwirklichen wollen, wie Sie Ihre Rolle verstehen und ausfüllen wollen und welche Erwartungen Sie an eine konstruktive Zusammenarbeit haben. Inwieweit werden Ihre Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung einbezogen? Wie viel geben Sie vor? Wo gibt es Mitgestaltungsmöglichkeiten für Ihre Mitarbeiter? Anhand welcher Kriterien entscheiden Sie, wer sie bekommt?

Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern über Ihre Vorstellungen der Zusammenarbeit. Fragen Sie, wie sie sich ein konstruktives Miteinander vorstellen und was jeder Einzelne dazu beitragen will. Gleichen Sie ab, inwieweit Ihre Vorstellung von Kooperation damit übereinstimmt. Oft löst bereits das offene Gespräch die Spannung. Wenn Sie weiterhin auf starke Bedenken stoßen, erfragen Sie die Befürchtungen und vereinbaren Sie, was getan und eventuell auch verhindert werden kann, damit diese nicht Realität werden. Das heißt nicht, dass Sie Ihr Handeln ganz an den Wünschen Ihrer Mitarbeiter orientieren - Sie haben bei Entscheidungen das letzte Wort. Es geht um wechselseitige Rollenklarheit. Ungeklärte Rollen öffnen Tür und Tor für diffuse Befürchtungen.

Bei Entscheidungen sind Enttäuschungen unvermeidbar. Nicht immer können die Wünsche aller berücksichtigt werden. Die Qualität des Betriebsklimas hängt davon ab, wie nachvollziehbar die Entscheidungen für Ihre Mitarbeiter sind und wie fair sie sich von Ihnen behandelt fühlen. Etablieren Sie ein regelmäßiges, wechselseitiges Feedback zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern mit dem Ziel, die Zusammenarbeit und den Umgang miteinander zu verbessern. In diesem Kontext können Sie auch fragen, ob Sie durch Ihr Verhalten - unbeabsichtigt oder unbewusst - das Misstrauen Ihrer Mitarbeiter hervorgerufen haben.

Natürlich kann es sein, dass Ihre Mitarbeiter in erster Linie neidisch sind und sich deshalb zurückgezogen haben. Das ist schwer zu klären. Neid wird ganz selten zugegeben. Doch auch in diesem Fall sollten Sie versuchen, über klärende, vertrauensbildende Maßnahmen ein gutes Betriebsklima zu schaffen. Gelingt es, wird sich der Neid in Respekt verwandeln.

Haben Sie auch eine Frage zu Berufswahl, Bewerbung, Arbeitsrecht, Etikette oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten wählen einzelne Fragen aus und beantworten sie im Wechsel. Ihr Brief wird komplett anonymisiert.

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