Frage an den SZ-Jobcoach:Soll ich wirklich den Konkurrenten einarbeiten?

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Die SZ-Jobcoaches beantworten jede Woche eine Leserfrage zum Berufsleben. (Foto: Jessy Asmus)

Ralf R. ist Leiharbeiter in einer Firma. Jetzt soll er einem fest angestellten Kollegen sein Fachgebiet erklären - und sorgt sich, danach nicht mehr gebraucht zu werden.

SZ-Leser Ralf R. fragt: Ich bin Leiharbeitnehmer und alleine für einen großen Bereich zuständig. Jetzt soll mir ein fest angestellter Kollege zur Seite gestellt werden. Dieser Kollege weiß bisher rein gar nichts über meinen Bereich, eigentlich fehlen ihm sogar grundlegende Fähigkeiten, um die Aufgabe erledigen zu können. Das soll ich ihm nun zeigen. Es ist allgemein bekannt, dass die Firma beabsichtigt, Leiharbeitskräfte abzubauen. Meine Befürchtung: Ein Leiharbeitnehmer lernt einen Festangestellten an. Danach wird der Leiharbeitnehmer entlassen, also ich. Bisher bin ich in meinem Bereich unentbehrlich. Ich kann mich nicht weigern, den Kollegen einzuarbeiten. Oder doch?

Christine Demmer antwortet:

Lieber Herr R., auf den ersten Blick kann ich Ihrer Schlussfolgerung nur beipflichten: Dem Anschein nach und wohl auch passend zur Absicht der Unternehmensleitung soll der neue Kollege den bisher von Ihnen geleiteten Bereich übernehmen. Die Voraussetzung wäre natürlich, dass er dann die Aufgaben so gut erledigen kann, wie Sie es bisher getan haben - oder vielleicht sogar noch besser. Überlegen Sie doch mal, ob Sie in jüngster Zeit entsprechende Signale aufgefangen haben. Haben Sie darauf geachtet?

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So weit, so schlecht für Sie als ausgeliehene Kraft. Allerdings müssen Sie der gesetzlichen Vorschrift zufolge die Bereichsleitung ohnehin nach spätestens 18 Monaten abgeben. Ich weiß nicht, wie lange Sie schon von dieser Höchstdauer weg sind. Aber wenn Sie jemanden einarbeiten sollen, werden Sie nicht gerade erst letzten Monat ins Unternehmen gerufen worden sein.

Wenn ein Leiharbeitnehmer gut ist, so das Kalkül des Gesetzgebers, dann soll ihn das Kundenunternehmen doch bitte ohne Umschweife einstellen, also auf die Einschaltung eines Personaldienstleisters verzichten. Sie halten sich für unentbehrlich. Es wäre hilfreich, zu wissen, ob das Ihr Kunde auch so sieht. Haben Sie sich schon einmal im Unternehmen erkundigt, wie Ihre Chancen auf Direkteinstellung stehen?

Bevor Sie eine Antwort auf diese beiden Fragen gefunden haben - die erste bei sich selbst und die zweite bei Ihrem Vorgesetzten -, erübrigt sich alles Grübeln über das richtige taktische Vorgehen. Klar ist auf jeden Fall, dass Sie den Kollegen in die tägliche Arbeit einweisen müssen. Das gehört zu Ihren Aufgaben, dafür wird der Personaldienstleister und von diesem Sie bezahlt.

Wenn Sie sich erkennbar weigern oder in den passiven Widerstand gehen ("Soll er doch sehen, wie er klarkommt!"), kann Ihnen das als Arbeitsverweigerung ausgelegt werden. Und dann sind Sie Ihren Job schneller los, als Sie sich mit einer Entschuldigung ("So war das doch gar nicht gemeint.") herauszuwinden versuchen könnten.

Die Antwort auf Ihre Frage lautet also nein. Weder als Arbeitnehmer noch als Leiharbeitnehmer dürfen Sie sich weigern, einen Kollegen oder eine Kollegin einzuarbeiten. Wenn Sie das nicht tun wollen, steht es Ihnen frei, sich an Ihren Arbeitgeber, also an das Verleihunternehmen, zu wenden und um einen neuen Einsatzort zu bitten.

Wenn das Verleihunternehmen etwas Passendes für Sie hat und Sie sich über die Konditionen einig werden, dann wechseln Sie einfach Betrieb, Umkleide und Kantine. Wenn nicht, dann stehen Sie erst einmal ohne Job da und müssen sich auf dem Arbeitsmarkt umschauen. Vor diesem Szenario stehen Sie ohnehin. Mit oder ohne freundliche und fachgerechte Einarbeitung.

Christine Demmer arbeitet als Coach und Wirtschaftsjournalistin in Deutschland und Schweden. Sie ist Autorin zahlreicher Bücher zu Management- und Personalthemen.

© SZ vom 25.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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