Frage an den SZ-Jobcoach:Endet jede Kündigung mit einer Abfindung?

Der Chef von Edina K. hat ihr nahegelegt, sich nach einem neuen Job umzuschauen. Hat sie Anspruch auf eine Abfindung? Der SZ-Jobcoach weiß es.

SZ-Leserin Edina K. fragt:

Ich arbeite seit zwei Jahren als Junior-Sales-Managerin bei einem IT-Dienstleister. Vor einiger Zeit wurde die Firma an einen amerikanischen Konzern verkauft, der das Unternehmen umstrukturiert. Nun teilte mein Chef mir durch die Blume mit, dass ich mich auf dem Arbeitsmarkt doch schon mal umsehen solle. Ich nehme ganz stark an, dass ich eine betriebsbedingte Kündigung erhalten werde.

Auf meine bisherigen Bewerbungen erhielt ich jedoch wenig Resonanz, sodass ich im Falle einer Kündigung dringend auf eine Abfindung angewiesen bin. Nun wollte ich gerne wissen, mit welchen Forderungen ich in die Verhandlungen über eine Abfindung eintreten kann.

Ina Reinsch antwortet:

Liebe Frau K., ich muss es gleich vorwegnehmen: Im Allgemeinen haben Sie als Arbeitnehmer bei einer Kündigung keinen Rechtsanspruch auf eine Abfindung. Es ist leider ein weitverbreiteter Irrtum, dass eine Entlassung immer und in jedem Fall mit einer Abfindungszahlung einhergeht.

Es gibt allerdings Ausnahmen. So sehen bisweilen Sozialpläne oder Tarifverträge, selten auch Arbeitsverträge, Abfindungen vor. Seit dem Jahr 2004 kann der Arbeitgeber in Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern bei betriebsbedingten Kündigungen zudem anbieten, eine Abfindung zu zahlen, wenn der Mitarbeiter die dreiwöchige Klagefrist verstreichen lässt, ohne Kündigungsschutzklage zu erheben (Paragraf 1a Kündigungsschutzgesetz). Der Chef kauft sich damit sozusagen vom Risiko eines Kündigungsschutzprozesses frei.

Das kostet ihn ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, setzt allerdings einen ausdrücklichen Hinweis seinerseits voraus, dass die Kündigung auf dringenden betrieblichen Erfordernissen beruht und er so verfahren will. Damit ist das Ganze von seinem Willen abhängig.

In der Praxis machen Arbeitgeber davon jedoch eher selten Gebrauch. Auch eine Kündigungsschutzklage garantiert keine Abfindung. Im Gegenteil: Sie ist primär darauf gerichtet, den Arbeitsplatz zu retten. Stellt das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung fest, bleibt für eine Abfindung kein Raum.

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Nur im Ausnahmefall wird das Gericht das Arbeitsverhältnis trotzdem auflösen, nämlich dann, wenn eine Fortsetzung für die Parteien unzumutbar ist. Das kommt allerdings nicht so häufig vor.

Dennoch gibt es Möglichkeiten, sich den Abschied versüßen zu lassen. Sie hängen ganz entscheidend vom persönlichen Verhandlungsgeschick ab und davon, welche Erfolgsaussichten eine Kündigungsschutzklage vor Gericht hätte. Mit anderen Worten: Je höher das Risiko des Arbeitgebers, den Prozess zu verlieren, desto größer dürfte seine Bereitschaft sein, eine Abfindung zu zahlen und sie auch etwas großzügiger ausfallen zu lassen.

So könnte man bereits im Vorfeld über einen Aufhebungsvertrag nachdenken, der eine Abfindung vorsieht. Hier ist allerdings gute Beratung und gründliche Prüfung geboten, da bei Aufhebungsverträgen immer das Risiko einer Sperre beim Arbeitslosengeld droht.

Doch auch nach Einreichung einer Kündigungsschutzklage haben Sie noch Chancen: Will Ihr Arbeitgeber sich nicht auf einen langwierigen Prozess mit möglicherweise ungewissem Ausgang einlassen, könnte er bereit sein, einen Vergleich mit Abfindungszahlung zu schließen. Allerdings sollten Sie bedenken, dass es auch betriebsbedingte Kündigungen gibt, die zulässig sind und vom Gericht bestätigt werden. In diesen Fällen gehen Sie wohl leer aus.

Wie Sie sehen, beeinflusst die rechtlich fundierte Einschätzung Ihre Verhandlungsposition erheblich und erfordert eine Menge Erfahrung.

Ina Reinsch hat Rechtswissenschaft in München und Zürich studiert. Heute lebt sie als Rechtsanwältin, freie Journalistin, Buchautorin und Referentin in München und befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Arbeitsrecht.

Haben Sie auch eine Frage zu Bewerbung, Berufswahl, Etikette, Arbeitsrecht, Karriereplanung oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten beantworten ausgewählte Fragen im Wechsel. Ihr Brief wird selbstverständlich anonymisiert.

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