Süddeutsche Zeitung

Frage an den SZ-Jobcoach:Darf ich schwierige Namen abkürzen?

Lesezeit: 2 min

SZ-Leser Hartmut G. hat eine Kollegin mit einem komplizierten Doppelnamen. Darf er eine verkürzte Anrede verwenden, um Zeit zu sparen? Oder ist das unhöflich? Der Jobcoach weiß Rat.

SZ-Leser Hartmut G. fragt:

Eine Mitarbeiterin in meiner Abteilung trägt einen Doppelnamen, der mindestens so kompliziert ist wie der Name der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die meisten Kollegen benutzen eine abgespeckte Variante des Namens: Die einen sagen Annegret, die anderen Frau Kramp, wieder andere Frau Karrenbauer (um es auf das prominente Beispiel zu übertragen).

Ist das korrekt? Da wir viel Kundenkontakt haben und ich den unsäglichen Namen oft langwierig am Telefon buchstabieren muss, frage ich mich: Kann man die Kollegin bitten, im beruflichen Kontext generell einen abgekürzten Namen zu benutzen?

Jan Schaumann antwortet:

Lieber Herr G., das Leben ist bekanntlich kein Luftkurort. So müssen wir gerade im beruflichen Alltag manche Unbill erdulden und zum Wohle unseres Unternehmens ertragen. Aber Hand aufs Herz: Ist es wirklich eine unangemessene Belastung, eine Kollegin mit ihrem korrekten Namen anzusprechen? Viele Menschen behalten ihren Geburtsnamen zusätzlich zum Namen des Ehepartners und haben durchaus nachvollziehbare Gründe dafür.

Dies betrifft inzwischen zunehmend auch Männer, die mit der Heirat den Namen der Frau annehmen und ihren Geburtsnamen diesem voranstellen oder anfügen. Da heutzutage Kinder nicht mehr ohne Weiteres qua Geburt mit einem möglichen Doppelnamen ihrer Eltern (oder eines Elternteils) beerbt werden können, stellt die Wahl des Doppelnamens in den meisten Fällen eine freiwillige und bewusste Entscheidung dar.

Herr Müller-Lüdenscheidt, geborener Müller, hat sich also unter Umständen ganz bewusst dafür entschieden, als letzter Nachkomme des seltenen Geschlechts der Müllers diesen Namen zu bewahren, und hat dennoch dem innigen Wunsch der Dame seines Herzens Rechnung getragen, indem er seinen Geburtsnamen dem gemeinsamen Ehenamen voranstellt. Da er nun also weder Müller noch Lüdenscheidt heißt, sondern Müller-Lüdenscheidt, wäre es ausgesprochen unhöflich, ihn nur der Bequemlichkeit halber mit seinem halben Namen anzusprechen.

Die Verbundenheit einer Person mit ihrem vollständigen Namen lässt sich im Übrigen gut daran erkennen, wie sie sich selber am Telefon meldet oder beispielsweise ihre E-Mails unterschreibt. Nennt sie dort nur einen ihrer Namen, wäre es durchaus legitim, die Person zu fragen, wie sie gerne angesprochen werden möchte und welcher Name genannt werden soll, wenn im Kontakt mit Kollegen oder Außenstehenden über sie gesprochen wird.

So auch in Ihrem Fall: Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, so sollten Sie Ihre Kollegin fortan ansprechen, anschreiben und gegenüber Dritten benennen.

Ich kenne Fälle, in denen das Kürzel des Doppelnamenträgers, zum Beispiel beim Abzeichnen von Dokumenten, im Laufe der Zeit zum Namensersatz wurde. So wäre dann aus Müller-Lüdenscheidt kurz "MüLü" geworden. Die Sonderform des geschäftlichen Kosenamens bedarf aber in jedem Fall des Einverständnisses des Inhabers und darüber hinaus einer besonderen Nähe oder Verbundenheit.

Auch die Anrede per Du ist im Hinblick auf Ihre Kollegin natürlich nur die halbe Miete. Sie werden wohl kaum auf die Idee kommen, sie Dritten gegenüber als "Frau Annegret" bekannt zu machen. Vielleicht ist Ihre Frage ein guter Ansatz, um auch einmal die eigene Geschwindigkeit zu überdenken.

Vieles im beruflichen Alltag läuft heute unter Zeitdruck, schnell und hektisch ab. Haben es dann nicht wenigstens die Menschen um uns herum verdient, dass wir uns für das richtige Aussprechen ihres Namens das nötige Quäntchen Zeit nehmen? Respekt und Wertschätzung sollte meines Erachtens nicht mit der Stoppuhr bemessen werden.

Jan Schaumann war in verschiedenen Führungspositionen in international operierenden Unternehmen in Europa, den USA und in Asien tätig. Heute lebt er als Managementtrainer, Seminarleiter und Buchautor in Berlin.

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Quelle:
SZ vom 13.07.2013
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