Frage an den SZ-Jobcoach:Bewerbung mit 59 - habe ich überhaupt Chancen?

Lesezeit: 2 min

Rüdiger Z., Geschäftsführer in einem mittelständischen Unternehmen, sucht eine neue berufliche Herausforderung. Doch trotz seines lückenlosen Lebenslaufes bekommt er nur Absagen. Liegt es an seinem Alter?

SZ-Leser Rüdiger Z. fragt:

Ich bin Diplom-Kaufmann, 59 Jahre alt und habe einen lückenlosen Lebenslauf als Geschäftsführer in mittelständischen Unternehmen, darunter zehn Jahre in Übersee. Meine derzeitige Stellung ist ungekündigt, doch ich bin unzufrieden und habe daher begonnen, mich zu bewerben, unter anderen auf Stellen, die punktgenau meinen Erfahrungen entsprechen. Seither bekomme ich nur Absagen - oder aber gar keine Reaktion.

Frage: Hat es mit 59 überhaupt noch Sinn, sich auf Geschäftsführer-Positionen zu bewerben? Oder ist das Alter bereits ein Ausschlusskriterium?

Christine Demmer antwortet:

Lieber Herr Z., wer mit kurz vor seinem sechzigsten Geburtstag auf einen neuen Job zusteuert, muss höhere Hürden überwinden als ein deutlich Jüngerer. Zum einen lässt eine lange Berufserfahrung den Wunsch nach einem hohen Gehalt vermuten. Zum anderen erwarten gestandene Führungskräfte einen gewissen Status. Arbeitgeber fürchten dann schnell Hahnenkämpfe, Rangstreitigkeiten, kurz: Ärger im Haus.

Außerdem verspricht ein jüngerer Kandidat dem Arbeitgeber rein rechnerisch mehr produktive Jahre als jemand, der mit 59 Jahren ein- und womöglich kurz nach dem 65. Geburtstag wieder aussteigt. Gut, das frischere Hochschulwissen des Jüngeren und die längere Praxiserfahrung des Älteren kürzen sich weg. Dennoch: Was Sie sich vorgenommen haben, ist alles andere als ein Selbstgänger.

Aber unmöglich ist es nicht. Prüfen sollten Sie allerdings, ob Sie den richtigen Weg dorthin eingeschlagen haben.

Vermutlich liegt Ihre letzte Bewerbung lange Jahre zurück. Zwischenzeitlich hat sich in Form und Inhalt viel geändert. Sie müssen zum Beispiel Ihr Alter nicht mehr angeben, auch ein Foto ist nicht mehr zwingend erforderlich. Anhand der Stationen in Ihrem Lebenslauf kann der Leser zwar in etwa auf Ihren Geburtsjahrgang schließen, aber genau weiß er es eben nicht. Sofern Ihre Branchenkenntnisse, Erfahrungen und nachweisbaren Erfolge haargenau auf den Bedarf treffen, tritt das Alter des Bewerbers gern mal in den Hintergrund.

Gehen Sie also Ihren Lebenslauf gründlich durch und weisen Sie ausdrücklich auf alles hin, was Sie zum geeignetsten Kandidaten für die ausgeschriebene Position macht. Beschreiben Sie nicht nur, was Sie für Ihr Unternehmen erreicht haben, sondern beziffern Sie es nach Möglichkeit. Aussagefähige Kenngrößen wie Umsatzwachstum, Gewinnanstieg, Erhöhung des Marktanteils und der Kundenzufriedenheit zeugen von Selbstbewusstsein und lassen den Empfänger Ihrer Bewerbung hoffen, Sie könnten ähnliches bei ihm vollbringen.

Die meisten Unternehmen erwarten von einem neuen Geschäftsführer, dass er eingefahrene Wege verlässt und die notwendigen Dinge auf den Weg bringt. Lassen Sie daher Ihre Bewerbung dieselbe Dynamik ausstrahlen, mit der Sie nach Einstellung ans Werk gehen werden.

Noch besser: Verbreiten Sie persönlich pure Tatkraft und Antriebsfreude. Lassen Sie sich damit häufiger als bisher in Ihrem beruflichen Netzwerk sehen. Es könnte sein, dass Sie dann von einem Unternehmen oder Personalberater auf eine Position angesprochen werden. Und das wäre doch noch besser, nicht wahr?

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Sprachlos im Vorstellungsgespräch sind meist nur die Bewerber - doch manchmal ist es umgekehrt. Personaler berichten von ihren kuriosesten Erlebnissen mit Kandidaten.

Maria Holzmüller

Christine Demmer arbeitet als Wirtschaftsjournalistin in Deutschland und Schweden. Sie ist Coach und Autorin zahlreicher Sachbücher zu Management-, Kommunikations- und Personalthemen.

Haben Sie auch eine Frage zu Bewerbung, Berufswahl, Etikette, Arbeitsrecht, Karriereplanung oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten wählen Fragen aus und beantworten sie im Wechsel. Ihr Brief wird selbstverständlich vollständig anonymisiert.

© SZ vom 03.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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