Frage an den SZ-Jobcoach:Bekomme ich für mein Ehrenamt frei?

Johannes F. arbeitet ehrenamtlich als Kinder- und Jugendbetreuer. Im Frühjahr steht nun eine Ferienfreizeit an. Muss sein Chef ihn dafür freistellen? Und bekommt er weiter Lohn?

SZ-Leser Johannes F. fragt:

Ich bin seit Kurzem ehrenamtlicher Kinder- und Jugendbetreuer und kümmere mich in meiner freien Zeit um benachteiligte Jugendliche. Im Hauptjob arbeite ich als Ingenieur bei einem großen Technologiekonzern. Im Frühjahr dieses Jahres möchte ich erstmals eine Ferienfreizeit übernehmen und Jugendliche in ein Zeltlager begleiten.

Sollte ich für mein ehrenamtliches Engagement Urlaub nehmen? Oder muss mein Arbeitgeber mich von der Arbeit freistellen? Ich habe mit meinem Chef noch nicht darüber gesprochen, da Sonderwünsche momentan aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen nicht gut ankommen.

Ina Reinsch antwortet:

Lieber Herr F., ohne das Ehrenamt wäre unsere Gesellschaft um vieles ärmer. Daher haben zahlreiche Bundesländer die ehrenamtliche Arbeit in ihren Verfassungen verankert. Doch wie sieht es mit diesem Ziel in der Praxis aus? Im Prinzip gilt: Ein privates Ehrenamt muss der Arbeitnehmer in seiner Freizeit ausüben. Einen grundsätzlichen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit hat er nicht. Wer sich also im Tierschutz engagiert oder bei der Freizeitgestaltung alter Menschen im Seniorenstift hilft, muss das mit seiner Arbeitszeit vereinbaren können oder Urlaub nehmen. Bei öffentlichen Ehrenämtern bestehen jedoch Ausnahmen.

So müssen etwa ehrenamtliche Mitarbeiter der Freiwilligen Feuerwehr für die Teilnahme an Einsätzen, Ausbildungsveranstaltungen und am Bereitschaftsdienst von der Arbeit freigestellt werden. Das regelt beispielsweise in Bayern das Feuerwehrgesetz. In anderen Bundesländern existieren ähnliche Normen, etwa in Hessen im Brand- und Katastrophenschutzgesetz. Doch nicht nur das. Die Helfer haben für diese Zeit sogar Anspruch auf ihren Arbeitslohn. Der Arbeitgeber bekommt den Verdienstausfall allerdings von der Gemeinde erstattet.

Auch ehrenamtliche Hilfskräfte des Technischen Hilfswerks müssen nicht ihre Freizeit opfern. Nehmen sie während der Arbeitszeit an Einsätzen oder Ausbildungen teil, muss der Chef sie von der Arbeit befreien, auch sie bekommen ihr Gehalt. Das sieht ein eigenes Bundesgesetz, das THW-Gesetz, vor. Auch hier hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, sich den Ausfall in gewissem Rahmen erstatten zu lassen.

Für ehrenamtliche Helfer des Bayerischen Roten Kreuzes sah es dagegen lange Zeit schlecht aus. Erst seit dem vergangenen Jahr haben nun auch sie einen Rechtsanspruch auf Freistellung und Erstattung ihres Verdienstausfalles, wenn sie von den Leitstellen offiziell angefordert werden.

Wer sich wie Sie als ehrenamtlicher Jugendleiter engagiert, kann ebenfalls auf die Honorierung durch den Gesetzgeber bauen. Der Arbeitgeber muss Ihnen frei- geben. Die Vorschriften unterscheiden sich jedoch von Bundesland zu Bundesland, etwa in der Frage, wie viele Tage der Mitarbeiter frei bekommt. So gilt etwa in Bayern das Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der Jugendarbeit. Es regelt unter anderem die Tätigkeit als Leiter oder Helfer in Zeltlagern. Damit der Chef nicht überstrapaziert wird, darf der Mitarbeiter aber höchstens für 15 Arbeitstage und maximal vier Veranstaltungen im Jahr fehlen. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann der Vorgesetzte die Freistellung verweigern.

Zahlen muss er für die Abwesenheit hier nicht. Für Sie bedeutet das: Sie müssen für die Leitung der Ferienfreizeit zwar nicht extra Urlaub nehmen, erhalten aber auch keinen Lohn. Nachteile dürfen Sie durch ihr ehrenamtliches Engagement übrigens nicht erleiden. Das verbietet das Gesetz ausdrücklich.

Ina Reinsch hat Jura in München und Zürich studiert. Sie lebt als Rechtsanwältin, freie Journalistin, Buchautorin und Referentin in München und befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Arbeitsrecht.

Haben Sie auch eine Frage zu Bewerbung, Berufswahl, Etikette, Arbeitsrecht, Karriereplanung oder Führungsstil? Schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere sechs Experten beantworten ausgewählte Fragen im Wechsel. Ihr Brief wird selbstverständlich anonymisiert.

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