Frage an den Jobcoach:Wie finde ich mit 50plus noch einen festen Job?

Marco F. ist viele Jahre um die Welt gereist. Vom SZ-Jobcoach will er wissen, wie er ohne klassischen Lebenslauf noch eine Festanstellung findet.

SZ-Leser Marco F. fragt:

Ich bin 54 Jahre alt, Studienabbrecher, seit 30 Jahren weltweit auf Reisen. Ich spreche sechs Sprachen fließend, bin Autor mehrerer Fachbücher und leite selbst zusammengestellte Touren und Expeditionen. Zeitweise habe ich bei einem Nachhilfeinstitut gearbeitet (Englisch, Deutsch, Mathe auf Gymnasiallevel). Was kann ich tun, um noch in einem Unternehmen aufgenommen zu werden, etwa als Teilselbständiger oder in Teilzeit? Bereiche können sein: Journalismus, Übersetzungen, Vor-Ort-Repräsentant in Südamerika oder Asien. In meiner Region (Allgäu) haben sämtliche Arbeitsämter bereits die Aussichtslosigkeit verkündet.

Christine Demmer antwortet:

Lieber Herr F., ich habe Ihren Namen (den wir hier anonymisiert haben) gegoogelt und muss sagen: Es ist beeindruckend, was Sie alles gemacht haben. So viel Unabhängigkeit, wie Sie haben, wünschen sich viele Menschen - zumindest, solange sie jung sind. Mit den Jahren schiebt sich jedoch meist das Sicherheitsbedürfnis vor den Freiheitsdrang. So ist es wohl auch bei Ihnen: Sie sehnen sich nach einem Arbeitsvertrag samt festem Einkommen, vielleicht möchten Sie auch mehr Zeit zu Hause verbringen.

Der SZ-Jobcoach

Christine Demmer arbeitet als Wirtschaftsjournalistin in Deutschland und Schweden. Sie ist Managementberaterin, Coach und Autorin zahlreicher Sachbücher zu Kommunikations- und Personalthemen.

So sehr ich diesen Wunsch verstehen kann, so schwierig wird es werden, ihn zu erfüllen. Die Gründe dafür haben Ihnen die Arbeitsagenturen sicher schon dargelegt. Deshalb nenne ich hier nur in Stichworten, was Sie einem Arbeitgeber im Gegenzug für Vertrag und Gehalt nun mal nicht bieten können: eine Berufsausbildung, einen klassischen Lebenslauf und Erfahrung als Mitarbeiter in einem Unternehmen. Weil man immer auf die Lücken schaut, lässt das Ihre Stärken schwach aussehen. Außerdem sind Sie im vorgerückten Alter. Mit Verlaub: Das macht erhebliche Investitionen in eine betriebsspezifische Weiterbildung nicht rentabel.

Als selbständig tätiger Mitarbeiter hingegen - durchaus mit einem Rahmenvertrag, der Ihnen feste Abnahmen Ihrer Leistungen garantiert - könnten Sie für manches Unternehmen ein Hauptgewinn sein. Kann ich Sie für einen Kompromiss erwärmen? Wie wäre es mit Initiativbewerbungen bei Veranstaltern von Bildungsreisen? Dafür bringen Sie alles mit, einschließlich das perfekte Alter. Einen Einführungskurs in die internen Prozesse bekommen ohnehin alle Neuen. Als Bonus könnten Sie zum Beispiel anbieten, einen Reiseblog zu schreiben. Oder als freiberuflicher Dolmetscher, der kleinen und mittelgroßen Firmen bei der Globalisierung hilft und dem Unternehmer nebenbei auch noch Land und Leute erklärt?

Von beiden Ideen dürfen Sie nicht zu viel erwarten. Selbst Sie haben Mitbewerber. Aber beide Ideen zusammen könnten 30 Wochen Beschäftigung sichern. Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass sie den Job zu Hause machen können. Doch eine Kröte werden Sie wohl schlucken müssen. Finden Sie nicht, dass diese vergleichsweise schmackhaft ist?

Ihre Frage an den SZ-Jobcoach

Haben Sie auch eine Frage zu Berufswahl, Bewerbung, Etikette oder Arbeitsrecht? Dann schreiben Sie ein paar Zeilen an coaching@sueddeutsche.de. Unsere Experten beantworten ausgewählte Fragen. Ihr Brief wird anonymisiert.

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