Frage an den Jobcoach:Wie bekomme ich trotz Kündigung in der Probezeit ein gutes Zeugnis?

Nicola M. wurde vom neuen Arbeitgeber nach nur fünfeinhalb Monaten gekündigt. Nun bittet sie den SZ-Jobcoach um Rat.

SZ-Leserin Nicola M. fragt:

Ich bin 33 Jahre alt und habe bis vor kurzem bei einer führenden Unternehmensberatung gearbeitet. Zwei Wochen vor Ablauf der Probezeit hat man mir telefonisch gekündigt. Der Grund: Mein Charakter passe nicht zur Unternehmenskultur. In meinem bisherigen Berufsleben bekam ich immer hervorragende Zeugnisse. Nun frage ich mich: Wie stelle ich sicher, dass man mir für die vergangenen fünfeinhalb Monate ebenfalls ein gutes Zeugnis ausstellt? Was kann ich tun, wenn dies nicht geschieht? Und wie soll ich meine Situation in der nächsten Bewerbung darstellen?

Vincent Zeylmans antwortet:

Liebe Frau M., es ist nachvollziehbar, dass Sie eine solche Begründung zunächst als Kritik an Ihrer Person verstehen. Das kann zur Verunsicherung führen. Aber überlegen Sie einmal, ob es nicht ein Zeichen von Souveränität und Realitätssinn wäre, wenn Sie dem Arbeitgeber einfach recht geben würden! Die Aussage, dass Sie nicht zur Unternehmenskultur passen, ist nämlich wertneutral.

Der SZ-Jobcoach

Vincent Zeylmans war lange Abteilungsleiter in internationalen Konzernen und kennt deren Rekrutierungspolitik aus der Praxis. Heute lebt er als Autor, Karriere-Coach und Outplacement-Berater in Emmerich am Rhein.

Es kann zum Beispiel bedeuten - und ich überzeichne bewusst -, dass Überstunden für Ihren Arbeitgeber eine Selbstverständlichkeit sind. Dass er es normal findet, wenn Berater fünf Tage in der Woche beim Kunden verbringen. Dass er möglichst viele Stunden abrechnet, egal ob dies im Sinne des Klienten ist oder nicht. Wenn diese Arbeitsweise nicht zu Ihrem Charakter passt, könnten Sie das emotionslos zur Kenntnis nehmen.

Ich empfehle Ihnen, erst einmal abzuwarten, wie das Arbeitszeugnis ausfällt. Sollten Sie Schwierigkeiten haben, es zu interpretieren, suchen Sie externe Hilfe, etwa bei einem Anwalt für Arbeitsrecht. In der Regel legt ein Arbeitgeber dem Mitarbeiter nach der Trennung allerdings keine Steine in den Weg. Gerade in Fällen, in denen die Chemie nicht gestimmt hat, ist er meistens fair genug, es dem Mitarbeiter nicht noch unnötig schwer zu machen.

Wenn das Zeugnis dennoch zu schlecht ausfällt, können Sie rechtlich gegen die Bewertung vorgehen. Für Arbeitgeber ist es ungemein schwierig, in einem derart kurzen Zeitraum ein fachliches Versagen nachzuweisen. Daher kommen die Beteiligten in solchen Fällen meist leicht zu einer Einigung. Falls es schließlich darum gehen sollte, ob nun die Formulierung "zur vollsten" oder "zur vollen Zufriedenheit" verwendet wird, sollten Sie die Bedeutung von solchen Floskeln nicht überbewerten. Ein Zeugnis bescheinigt ganzheitlich die Leistung des Mitarbeiters - und das ist nach sechs Monaten ohnehin kaum möglich. Entsprechend wird der künftige Arbeitgeber das Zeugnis auch interpretieren. Spannender ist die Frage, warum das Arbeitsverhältnis nach so kurzer Zeit beendet wurde.

Die Beantwortung dieser Frage bringt uns zum Anfang zurück. Zunächst sollten Sie Frieden mit der Situation machen. Lösen Sie sich - nach Möglichkeit - von der Empfindung, "dass Ihnen Unrecht angetan wurde". Lassen Sie die Aussage des Arbeitgebers stehen und erkennen Sie an, dass er und Sie nicht zusammenpassten.

Künftige Unternehmen haben damit sicher keine Schwierigkeiten. Gerade bei Ihrer nächsten Suche gilt das Gesamtbild. Wenn Ihr beruflicher Werdegang bisher von Erfolgen gekrönt war, die auch in Zeugnissen dokumentiert wurden, versteht jeder, dass mal eine unglückliche Konstellation zustande kommen konnte.

Selbstverständlich ist es wichtig, dass dieses Ereignis nicht zwei Mal hintereinander auftritt. Nur selten ist in solchen Fällen das fachliche Scheitern der Trennungsgrund. Wesentlich häufiger sind Differenzen mit einer anderen Führungskraft oder - wie in Ihrem Fall - bei der Unternehmenskultur der Auslöser. Schenken Sie deshalb diesen beiden Aspekten - neben den fachlichen Anforderungen in einer nächsten Position - besondere Aufmerksamkeit!

Ihre Frage an den SZ-Jobcoach

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