"Frauen benachteiligen sich selbst", heißt es im Focus in fetten Lettern unter Berufung auf eine jüngst veröffentlichte Arbeitsmarktstudie. Dass Frauen selbst schuld sind, wenn sie nicht Karriere machen, ist ein immer wiederkehrendes Argument gegen die Frauenquote.
Frauen entscheiden sich ja dafür, Kinder zu kriegen, heißt es. Sie entscheiden sich ja dafür, eine lange Babypause zu machen und Teilzeit zu arbeiten, heißt es. Sie machen ja freiwillig Ausbildungen und wählen Studienfächer, die schlechte Gehälter und kaum Karrieremöglichkeiten bieten, heißt es.
All das ist Quatsch. Männer in Führungspositionen entscheiden sich auch oft dafür, Kinder zu kriegen. Wieso soll das für Frauen ein Problem sein? Es stimmt, dass es in Deutschland an ausreichend Plätzen und qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung mangelt, aber das ist ein ganz anderes Thema.
Es stimmt, dass Frauen oft freiwillig Teilzeit arbeiten, wenn ihre Kinder klein sind. Solange es hier um wenige Jahre geht, müssen der Mutter noch lange nicht alle Karrierewege vor der Nase zugeschlagen werden. Größer ist hier das Problem, dass viele Frauen auch lange nach der Geburt ihres Kindes nur 50 oder 60 Prozent arbeiten. Das liegt aber auch an den Arbeitgebern, die zwar dazu verpflichtet sind, Teilzeit zu ermöglichen, jedoch nicht dazu, den Arbeitnehmerinnen irgendwann ihre Vollzeitstelle wiederzugeben.
Angemessene Bezahlung für weibliche Arbeitskräfte?
Und das Argument mit den weniger lukrativen Ausbildungen und Studienfächern: Lehrer waren im 19. Jahrhundert hoch angesehen und gut bezahlt. Doch als man anfing, unverheiratete Frauen als Lehrerinnen einzusetzen, sanken Gehalt und Ansehen des Berufs rapide. Noch heute ist es so, dass Grundschullehrer (fast ausschließlich weiblich) deutlich weniger verdienen als Lehrer an weiterführenden Schulen.
Und wer kann schlüssig begründen, warum eine Hebamme, die Verantwortung für das Leben eines Neugeborenen trägt, weniger verdient als ein Metallarbeiter? Nicht die Frauen müssen sich ändern, sondern die Gesellschaft muss sich fragen, ob sie ihre weiblichen Arbeitskräfte angemessen bezahlt.
Nicht alles, was in dem Focus-Artikel steht, ist Quatsch. So sagt Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: "Wir brauchen [...] bessere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie." Und Regine Stachelhaus, Personalchefin von Eon sagt: "Viel wichtiger ist es, Frauen aus dem mittleren Management zu entwickeln, damit sie für Top-Jobs in Frage kommen."
In ihrem letzten Absatz erwähnen die Autoren dann Katharina die Große von Russland, die ihren Ehemann ermorden ließ, um ihren Willen zur Macht durchzusetzen. Ist da die Frauenquote nicht das kleinere Übel?