"Focus"-Titel contra Frauenquote:Quatsch mit Quote

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"Starke Frauen rebellieren gegen Staats-Diktat und Gleichmacherei", lautet der Untertitel des aktuellen Focus, der zwölf Gegnerinnen der Frauenquote auf dem Cover zeigt. (Foto: Süddeutsche.de)

Zwölf privilegierte Frauen wenden sich auf dem aktuellen Titel des "Focus" gegen die Frauenquote. Und wollen dabei verwegen sein, wie die Frauen, die 1971 im "Stern" zugaben: Wir haben abgetrieben. Im Text dann holen sie Argumente aus der Mottenkiste, die schon mehrfach widerlegt wurden.

Von Barbara Vorsamer

Reden wir als Erstes über den Titel des aktuellen Focus: Der zeigt zwölf Frauen, die gegen die Frauenquote sind, und tut so, als wären diese "starken Frauen" Rebellen, die gegen "Staats-Diktat und Gleichmacherei" aufbegehren.

Zu ihnen gehört mit Maria Höfl-Riesch eine Sportlerin, die an Frauen-Wettkämpfen teilnimmt. Daneben treten mit Simone Thomalla und Désirée Nosbusch zwei Schauspielerinnen als Quoten-Gegnerinnen auf, die sich in der Konkurrenz um Rollen ebenfalls gegen andere Frauen und nie gegen Männer durchsetzen müssen. Außerdem sind mit Katharina Wagner (Festspielchefin Bayreuth), Catharina Cramer (Geschäftsführerin Warsteiner), Marie-Christine Ostermann (Geschäftsführerin Rulko Großeinkauf), Gabriele Quandt (Vorsitzende Harald Quandt Holding) und Simone Bagel-Trah (Aufsichtsratsvorsitzende Henkel) fünf Frauen dabei, die maßgeblich über Familienbande in ihre aktuellen Positionen gekommen sind.

Und nicht zu vergessen, der Treppenwitz der Quotendiskussion: Familienministerin Kristina Schröder, eine Frau, die nur durch eine Dreifach-Quote (Frau, jung, aus Hessen) überhaupt ins Kabinett gekommen ist und sich seitdem vehement dafür einsetzt, dass keine weitere Frau eine solche Chance bekommt.

Bei Karrieren kommt es nur zum Teil auf Kompetenz an

Es heißt manchmal, Schröder leide darunter, als Quotenfrau zu gelten. Und gleich im ersten Absatz behaupten auch die Autoren im Focus: "Nicht einmal Frauen, die eine Frauenquote fordern, wollen im Erfolgsfall als Quotenfrau gelten." Frauen wollten nicht "an die Spitze gehätschelt werden", sondern den eigenen Erfolg "durch Leistung und durch Persönlichkeit, durch Fähigkeit und durch Fleiß" erreichen.

Der Mythos, dass einen nur Leistung in höhere Positionen bringt, wird in der Quotendiskussion immer gerne gebracht. Er lässt alle Frauen, die noch nicht da sind, wo sie hinwollen, mit dem Gefühl zurück: Es liegt an mir. Ich bin nicht gut genug. In diese Kerbe schlägt auch der Focus-Artikel, wenn die Rede ist von "jener gefühlten, aber nie sichtbaren Barriere, die Frauen angeblich am Aufstieg hindert".

Dabei kommt es bei Karrieren nur zum Teil auf Kompetenz an - mindestens genauso wichtig für den beruflichen Erfolg sind familiäre, parteipolitische oder innerbetriebliche Beziehungen, das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, und ein Chef, der einen fördert. Das gilt genauso für Männer.

Die haben jedoch einen Vorteil, wenn es um Beförderungen geht: homosoziale Kooptation. Dieses sozialwissenschaftliche Phänomen bedeutet, dass Gruppen sich bei der Rekrutierung neuer Mitglieder für Menschen entscheiden, die ihnen selbst möglichst ähnlich sind. Ist also die Chefredaktion, der Vorstand, der Aufsichtsrat mehrheitlich von Männern besetzt, haben Männer bessere Chancen, hineinbefördert zu werden als Frauen. In ihnen erkennt sich der Chef wieder. Mit Frauen kann er sich weniger identifizieren. Diesem Reflex kann eine verbindliche Quote vorbeugen.

"Frauen benachteiligen sich selbst", heißt es im Focus in fetten Lettern unter Berufung auf eine jüngst veröffentlichte Arbeitsmarktstudie. Dass Frauen selbst schuld sind, wenn sie nicht Karriere machen, ist ein immer wiederkehrendes Argument gegen die Frauenquote.

Frauen entscheiden sich ja dafür, Kinder zu kriegen, heißt es. Sie entscheiden sich ja dafür, eine lange Babypause zu machen und Teilzeit zu arbeiten, heißt es. Sie machen ja freiwillig Ausbildungen und wählen Studienfächer, die schlechte Gehälter und kaum Karrieremöglichkeiten bieten, heißt es.

All das ist Quatsch. Männer in Führungspositionen entscheiden sich auch oft dafür, Kinder zu kriegen. Wieso soll das für Frauen ein Problem sein? Es stimmt, dass es in Deutschland an ausreichend Plätzen und qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung mangelt, aber das ist ein ganz anderes Thema.

Es stimmt, dass Frauen oft freiwillig Teilzeit arbeiten, wenn ihre Kinder klein sind. Solange es hier um wenige Jahre geht, müssen der Mutter noch lange nicht alle Karrierewege vor der Nase zugeschlagen werden. Größer ist hier das Problem, dass viele Frauen auch lange nach der Geburt ihres Kindes nur 50 oder 60 Prozent arbeiten. Das liegt aber auch an den Arbeitgebern, die zwar dazu verpflichtet sind, Teilzeit zu ermöglichen, jedoch nicht dazu, den Arbeitnehmerinnen irgendwann ihre Vollzeitstelle wiederzugeben.

Angemessene Bezahlung für weibliche Arbeitskräfte?

Und das Argument mit den weniger lukrativen Ausbildungen und Studienfächern: Lehrer waren im 19. Jahrhundert hoch angesehen und gut bezahlt. Doch als man anfing, unverheiratete Frauen als Lehrerinnen einzusetzen, sanken Gehalt und Ansehen des Berufs rapide. Noch heute ist es so, dass Grundschullehrer (fast ausschließlich weiblich) deutlich weniger verdienen als Lehrer an weiterführenden Schulen.

Und wer kann schlüssig begründen, warum eine Hebamme, die Verantwortung für das Leben eines Neugeborenen trägt, weniger verdient als ein Metallarbeiter? Nicht die Frauen müssen sich ändern, sondern die Gesellschaft muss sich fragen, ob sie ihre weiblichen Arbeitskräfte angemessen bezahlt.

Nicht alles, was in dem Focus-Artikel steht, ist Quatsch. So sagt Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: "Wir brauchen [...] bessere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie." Und Regine Stachelhaus, Personalchefin von Eon sagt: "Viel wichtiger ist es, Frauen aus dem mittleren Management zu entwickeln, damit sie für Top-Jobs in Frage kommen."

In ihrem letzten Absatz erwähnen die Autoren dann Katharina die Große von Russland, die ihren Ehemann ermorden ließ, um ihren Willen zur Macht durchzusetzen. Ist da die Frauenquote nicht das kleinere Übel?

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