Fernstudium:Auf der Couch zum Doktortitel

Arbeiten und nebenher von zu Hause aus studieren: Fernuniversitäten machen es möglich. Sowohl Anbieter als auch Studierende müssen allerdings gewisse Voraussetzungen erfüllen.

Wenn andere ihren Feierabend genießen, geht für sie das Büffeln erst los: Knapp 160.000 Menschen haben 2016 laut einer Studie für ein Fernstudium ihre Freizeit geopfert. Diese Art der Weiterbildung boomt - immer mehr Menschen pauken zu Hause für einen akademischen Abschluss. Um ihn zu erreichen, müssen sie aber viel Disziplin mitbringen.

Fernstudium: Frauen sind unter den Studierenden an Fernuniversitäten in der Minderheit.

Frauen sind unter den Studierenden an Fernuniversitäten in der Minderheit.

(Foto: Foto: ddp)

Dozenten unterrichten ihre Studenten dabei via Internet, schriftlich und mit Hilfe von Datenträgern. Die elektronische Kommunikation ersetzt das Leben auf dem Campus. "Bestimmte Seminare, Klausuren und natürlich die Prüfungen erfordern persönliche Anwesenheit", erklärt Susanne Bossemeyer, Sprecherin der Fernuniversität Hagen. Prüfungen finden meist an Wochenenden statt. Die Teilnehmer reisen dann aus ganz Deutschland an.

Zahlreiche Hochschulen bieten angesichts der steigenden Nachfrage Fernstudiengänge an, die zum Bachelor und Master führen. "Dazu müssen die Studierenden bis zu 20 Stunden pro Woche aufwenden", kalkuliert Margot Klinkner von der Zentralstelle für Fernstudien an Fachhochschulen (ZFH) in Koblenz.

Neu ist das Konzept nicht: Fernlernen gab es schon Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Berliner Sprachlehrer und Verlagsbuchhändler Gustav Langenscheidt "Korrespondenzbriefe" für Französisch anbot. Heute gibt es bei entsprechenden Instituten breit gefächerte Lehrpläne. Darunter finden sich aber keine Studiengänge wie Medizin, die eine permanente Präsenz erfordern.

Gesetzliche Auflagen

Für die Kurse gibt es gesetzliche Auflagen: Sie müssen ein Zulassungssiegel tragen, das die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht in Köln (ZFU) vergibt. Eine Ausnahme gilt lediglich für Kurse, die nur der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dienen.

Der Begriff Fernunterricht steht für alle Gebiete der Aus- und Weiterbildung. Ein Fernstudium bezeichnet Lernen auf akademischer Ebene - so, als ginge man täglich zu den Vorlesungen in die Hochschule. Ein Vorteil dabei sei, dass man neben dem Beruf studieren kann, erläutert Bossemeyer. Sogar ein Doktor lasse sich auf diese Weise machen.

15 Stunden Lernen pro Woche

Wie bei den meisten Fernhochschulen liegt in Hagen der Schwerpunkt auf Wirtschaftswissenschaften. "An dieser Fakultät sind 40 Prozent der Studierenden immatrikuliert", erklärt Bossemeyer. Ganz auf den Bereich Wirtschaft konzentriert sich die 2003 gegründete private Europäische Fernhochschule Hamburg. Laut Sprecher Jens Heickmann beträgt die Regelstudienzeit etwa für einen Bachelor im Fach Europäische Betriebswirtschaftslehre 36 Monate. Dem liege eine durchschnittliche Lernzeit von 15 Stunden in der Woche zugrunde.

Vor Beginn eines Fernstudiums müssen sich Kandidaten gut beraten und ein Studienschema auf sich zuschneiden lassen. Da Bildungspolitik Ländersache ist, gibt es Unterschiede in der Zulassung und bei den Gebühren. Nach dem Hamburger Hochschulgesetz kann ein akademisches Studium auch ohne Abitur begonnen werden. Private Hochschulen müssen sich selbst finanzieren und bitten die Studierenden entsprechend zur Kasse. An staatlichen Einrichtungen sind nur die Studienunterlagen zu bezahlen. Einen Teil des Geldes können Teilnehmer sich vom Fiskus zurückholen. "Studienkosten sind steuerlich absetzbar", erklärt Klinkner.

Männlich, angestellt

Fernstudenten haben meist einen Job und sind überwiegend männlich, Vollzeitstudenten sind in der Minderheit. "In Hagen sind etwa 80 Prozent berufstätig, der Frauenanteil beträgt immerhin 43 Prozent", erläutert Bossemeyer. Ein Drittel der Immatrikulierten hat bereits ein Studium abgeschlossen und will sich weiterbilden.

Das ist manchmal aber leichter gesagt als getan. "Das Studium zu Hause erfordert eiserne Selbstdisziplin und bedeutet private Einschränkungen", mahnt Margot Klinkner von der Zentralstelle für Fernstudien an Fachhochschulen (ZFH) . Susanne Bossemeyer sieht das ähnlich: Nach ihren Beobachtungen geben etwa die Hälfte aller Studienanfänger wegen der hohen persönlichen Belastung auf.

Wenn ihnen das Fernstudium über den Kopf wächst, können Studenten die Studiendauer aber verlängern oder sich vorübergehend beurlauben lassen. Bossemeyer zufolge benötigten Teilzeitstudenten bis zur Prüfung im Schnitt etwa das Eineinhalbfache der Regelstudienzeit.

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