Faulsein im Büro:Hauptsache, man wirkt gestresst

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Karriere macht man nur mit harter Arbeit? Von wegen. Die Kunst ist, sich erfolgreich vor Arbeit zu drücken und trotzdem gut dazustehen. Das ist gar nicht so schwer.

Ohne Fleiß kein Preis? Wer's glaubt, wird selig. Denn Fleiß zahlt sich im Beruf längst nicht immer aus. Und der Lohn für harte Arbeit ist nicht selten: mehr Arbeit. Wer früher fertig ist, darf schließlich nicht früher gehen, er bekommt die nächste Sache auf den Schreibtisch. Süßes Nichtstun ist dagegen nicht nur angenehm. Es hat noch mehr Vorteile: Wer andere für sich arbeiten lässt, steht nachher oft sogar besser da als die Kollegen.

Aussitzen und andere für sich arbeiten lassen - so funktioniert Faulenzen für Fortgeschrittene. (Foto: dpa)

Die Fleißigen seien manchmal auch die Deppen im Job, erklärt die Karriereberaterin Svenja Hofert aus Hamburg. Sie liefen Gefahr, in eine Spirale zu geraten, in der ihnen immer mehr Arbeit aufgehalst wird. "Das sind oft Menschen, die sich aufreiben, weil sie schlecht 'Nein' sagen können." Dadurch ließen sich solche Mitarbeiter leicht von anderen ausnutzen. "Für den Chef ist das sehr bequem." Dabei geht es durchaus anders: "Die Kunst ist es, Arbeit geschickt zu verteilen und hinterher trotzdem den Erfolg abzukriegen", sagt Hofert. Oft ist es lohnenswert, sich lästige Aufgaben vom Leib zu halten. Denn Kleinkram und Feinarbeit würden ohnehin weniger honoriert.

So drücken Büroangestellte sich erfolgreich vor Arbeit:

Delegieren: Die Königsdisziplin für Drückeberger. Denn delegieren heißt im Klartext: andere für sich arbeiten lassen. Eine Aufgabe bloß schnell loswerden, ist aber die falsche Devise. "Sonst fällt mir das wieder zurück auf die Füße", erklärt Theo Bergauer, der als Coach in Ratingen arbeitet. Mitarbeiter nehmen sich also besser etwas mehr Zeit zum Erklären und Einweisen. Andernfalls müssen sie hinterher umso mehr ausbügeln.

Weiterdelegieren: Das ist Delegieren für Fortgeschrittene. Der Chef hat eine lästige Aufgabe zu vergeben? Dann zeigt man auf einen Kollegen, der eindeutig besser dafür geeignet ist. "Man kann ja sagen: 'Der hat das letzte Woche schon gemacht und ist da schon drin'", sagt Bergauer. Denkbar sind aber auch Tauschgeschäfte. Ein Kollege will einem Arbeit aufhalsen? Das ist eine gute Gelegenheit, etwas anderes loszuwerden. Dazu kann man den Vorgesetzten einschalten und ihn fragen: "Chef, was hat jetzt Priorität?", rät Hermann Refisch, Karriereberater aus Frankfurt am Main. Oder man lässt ihn die Aufgaben neu verteilen - etwa so: "Bitte sagen Sie mir, was ich dafür liegenlassen soll. Darf ich das dann an den Kollegen abgeben?"

Nein sagen: Am besten ist es natürlich, lästige Aufgaben gar nicht erst auf den Schreibtisch zu bekommen. Dazu muss man ab und zu einfach mal "Nein" sagen. "Viele können das aber nicht", sagt Refisch. Besonders gefährlich sei es, auf Bitten wie "Kannste mal eben...?" einzugehen. "Das dauert dann meist den ganzen Nachmittag." Er empfiehlt in so einer Situation ein Vorgehen in vier Schritten: Erstens wiederholen Beschäftigte die Aufforderung neutral und nüchtern. Das verschafft einem Klarheit und mehr Zeit zum Nachdenken. Als Zweites heißt es: Luft holen und "Nein" sagen. Das müssen Arbeitnehmer im dritten Schritt aber begründen. Und viertens schlagen sie am besten eine Alternative vor, um nicht zu abweisend zu wirken.

Sich dumm stellen: "Wenn ich eine Sache gut mache, muss ich sie das nächste Mal wieder machen", erklärt Bergauer. Und umgekehrt gilt: Wer sich dumm anstellt, bekommt weniger Aufträge. "Der andere denkt sich dann: Bevor ich dem das erklärt habe, mache ich es lieber selbst." Das sollte man vielleicht nicht ständig dem Chef gegenüber machen. "Sonst wird aus weniger Arbeit irgendwann keine Arbeit mehr." Diese Taktik ist aber ein gutes Mittel, um Deppenjobs loszuwerden. Erfolgreiches Faulsein geht daher so: "Bei einfachen Aufgaben doof stellen - und sich für höhere Aufgaben empfehlen", rät Hofert.

Teamwork: Ein echtes Erfolgsmodell ist Hofert zufolge der "lazy coworker", also der faule Teamkollege, der sich auf den Leistungen der anderen ausruht. "Die kommen oft sehr gut damit durch." Besonders fies, aber effektiv: "Wenn einer überhaupt nichts gemacht hat, aber am Ende die Präsentation hält." Denn so ziehe er alles Augenmerk auf sich und ernte auch noch die Lorbeeren für die Arbeit der anderen.

Spieß umdrehen: "Wir müssten die Datenbank mal überarbeiten" - so einen Vorschlag kontert man am besten, indem man den Ball ins Feld des anderen zurückspielt, rät Hofert. Das geht etwa so: "Gute Idee! Mach Du das doch!" Am besten bestärkt man den anderen noch, indem man ihn zum Fachmann erklärt: "Da bist Du doch eh der Experte!"

Aussitzen: Es droht Arbeit? Dann heißt es erstmal abwarten und Tee trinken. Manches erledigt sich von selbst. Bei dem Rest muss man entscheiden: Ist es wichtig oder nicht? Unwichtiges könne man einfach unter den Tisch fallen lassen, sagt Hofert. "Wenn ich mir denke, das merkt eh keiner, ob ich das mache, kann ich das ebenso gut nicht machen." Später krähe dann oft kein Hahn mehr danach. Und wenn doch, ist es auch nicht so schlimm - es war doch nicht so wichtig!

Beschäftigt wirken: Faulheit ist eine Gabe, die man geheimhalten muss. Denn man kann sich nur erfolgreich vor der Arbeit drücken, wenn es keiner merkt. Nach außen hin gilt es also, die Fassade zu wahren. Handwerker lernen das schon in der Ausbildung: Immer ein Werkzeug in der Hand halten, um nicht unbeschäftigt auszusehen. Im Büro könnten Mitarbeiter zum Beispiel Termine vorgeben oder angestrengt in den Monitor starren, wenn jemand etwas von einem will, sagt Hofert. "Auch mit einem vollen Outlook-Kalender kann man prima Eindruck schinden." Eins muss man aber beachten: Das Schauspielern darf nicht in Arbeit ausarten. Sonst war die ganze Mühe umsonst. #

© sueddeutsche.de/dpa/Tobias Schormann/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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