Süddeutsche Zeitung

Familienministerin will flexible Lösungen:Schröder warnt vor Diskriminierung durch Frauenquoten

Familienministerin Schröder hat sich erneut gegen gesetzliche Frauenquoten in der Privatwirtschaft ausgesprochen. Sie seien frauenpolitisch ein Fehler und könnten vor allem zu massiver Diskriminierung führen - bei den Männern.

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hat sich erneut gegen gesetzliche Frauenquoten in der Privatwirtschaft ausgesprochen. Diese seien nicht nur frauenpolitisch ein Fehler, sondern könnten in konkreten Auswahlentscheidungen auch zu "massiver Diskriminierung" führen, schrieb die Politikerin in einem Beitrag für den Berliner Tagesspiegel.

Sie verwahre sich dagegen, "dass sich Deutschland so etwas von der EU diktieren lässt". Wenn jemand besser für einen Job qualifiziert sei und ihn nur aufgrund einer Geschlechterquote nicht bekomme, sei dies "eine klare Benachteiligung aufgrund eines Geschlechtes". Der Einzelne sollte nicht ausbaden müssen, was "Generationen seiner Geschlechtsgenossen falsch gemacht" hätten. Eine solche "Kollektivhaftung" halte sie für verfassungsrechtlich höchst problematisch.

"Zu glauben, dass mehr Frauen im obersten Stockwerk automatisch dazu führen, dass auch in den Stockwerken darunter mehr Frauen auf die Chefsessel wechseln, ist naiv", so Schröder in dem Beitrag. Ihr als Frauenministerin widerstrebe es, zwar einigen hundert Kandidatinnen in den Aufsichtsrat zu helfen, aber die mittleren und unteren Führungsebenen sehenden Auges sich selbst zu überlassen. "Wir brauchen Chancen für alle statt einen Quotenaufzug für wenige. Dazu müssen wir an die Ursachen ran."

Schröder ist ausgemachte Gegnerin einer Quote: In der Bundestagsdebatte anlässlich des Weltfrauentages warb sie vielmehr für flexible Lösungen und ihr Modell einer gesetzlich verankerten Selbstverpflichtung der Wirtschaft. "Ich denke, die unterschiedlichen Positionen sind klar. Da müssen wir und da werden wir auch nicht darum herum reden", sagte die Ministerin mit Blick auf die unterschiedlichen Vorstellungen von Regierungsmehrheit und Opposition im Parlament.

Aber auch in der Koalition drängt inzwischen eine größere Gruppe weiblicher Abgeordnete auf eine klare gesetzliche Quote. Sie haben zum Teil die fraktionsübergreifende "Berliner Erklärung" mitunterzeichnet, in der eine verbindliche Frauen-Mindestquote von zunächst 30 Prozent für Aufsichtsräte und Vorstände von börsennotierten und öffentlichen Unternehmen gefordert wird. Diese Erklärung wird auch von zahlreichen prominenten Frauen aus Politik, Verbänden, Wirtschaft und Kultur unterstützt, unter anderem von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Auch EU-Kommissarin Viviane Reding hat die Erklärung unlängst unterschrieben. Reding hat der Bundesregierung wiederholt eine europäische Regelung zur Frauenquote angedroht. Schröder sagte, in der Debatte um mehr Chancen für Frauen wäre es besser, das "in den Mittelpunkt zu stellen, was alles geht". Allein durch die öffentlichen Diskussionen auch im Bundestag sei in den Unternehmen vieles in Bewegung gekommen. Diese Entwicklung müsse man unterstützen, anstatt sich darüber lustig zu machen.

Redner der Opposition kritisierten scharf die Frauenpolitik der Bundesregierung. Sie ignoriere selbst die Empfehlung ihrer eigenen Berater, etwa zur Gleichstellungspolitik, sagten mehrere Rednerinnen von SPD, Grünen und Linken.

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