Fall Emmely:Gericht kippt Kündigung

Der Kampf durch alle Instanzen hat sich für Kassiererin Emmely gelohnt: Das Bundesarbeitsgericht hat die Kündigung wegen eingelöster Pfandbons im Wert von 1,30 Euro aufgehoben.

Sieg für die Supermarkt-Kassiererin Emmily. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat die Bagatell-Kündigung wegen Unterschlagung von zwei Leergutbons aufgehoben. Die Entlassung sei nicht gerechtfertigt, weil nur eine "erhebliche Pflichtwidrigkeit" vorliege, hieß es zur Begründung.

Bundesarbeitsrichter prüfen Fall 'Emmely'

Haben gut lachen: Die Kassiererin Emmely und ihr Anwalt Benedikt Hopmann freuen sich über ihren Sieg vor dem Bundesarbeitsgericht.

(Foto: dpa)

Der Zweite Senat entschied, dass das Vertrauen durch das einmalige Delikt nach der langen Betriebszugehörigkeit nicht vollkommen "aufgezehrt" worden sei. Zudem sei die Schädigung relativ niedrig gewesen.Eine Abmahnung hätte in diesem Fall ausgereicht.

Das Bundesarbeitsgericht bleibt jedoch bei seiner Rechtsprechung, wonach Bagatelldelikte auch weiterhin ein Kündigungsgrund sein können. Zuvor hatte es sich bei Kündigungen wegen Kleindiebstählen gegen sogenannte Bagatellgrenzen ausgesprochen. Diese seien problematisch, sagte der Vorsitzende Richter des Zweiten Senats, Burghard Kreft, in der Verhandlung des Falls Emmely.

Der Supermarktkassiererin mit diesem Spitznamen war wegen der Einlösung zweier liegengebliebener Pfandbons im Wert von 1,30 Euro fristlos gekündigt worden. Vor dem obersten deutschen Arbeitsgericht hatte die Berlinerin das Recht auf eine zweite Chance gefordert. "Die Abmahnung als milderes Mittel hätte ausgereicht", erklärte ihr Anwalt, Benedikt Hopmann.

Unangemessene Entscheidung

"Der Fall weist einige Besonderheiten auf", sagte Kreft mit Blick auf den Medienrummel, ausgegebene Einlasskarten, Sicherheitskontrollen und einer Schleuse am Eingang. Vor dem Gerichtsgebäude hatte zum Auftakt ein Solidaritätskomitee für Emmely eine Kundgebung abgehalten.

Der Anwalt von "Emmely" kritisierte in Erfurt, dass die Interessen seiner Klägerin bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Emmely hatte in zwei Instanzen erfolglos gegen ihren Rauswurf geklagt. Ihre Kündigung nach 31 Dienstjahren, in denen sie sich nichts habe zuschulden kommen lassen, sei unangemessen.

Kein Diebstahl

Seine Mandantin habe zwei herrenlose Pfandbons eingelöst. Insofern habe sie sich nicht des Diebstahls oder der Unterschlagung schuldig gemacht, da das Eigentumsdelikte seien.

Die Anwältin der Gegenseite, Karin Schindler-Abbes, hatte argumentiert, das Vertrauen, das Emmely als Kassiererin entgegengebracht wurde, sei unwiderruflich zerstört. Würden solche Fälle nicht geahndet, wären die ehrlichen Mitarbeiter die Dummen. Die heute 52-Jährige habe mehrfach gelogen. "Sie hat neun verschiedene Erklärungen zur Einlösung der Pfandbons gegeben, und keine war wahr."

Diebstahl ist Kündigungsgrund

Einem Arbeitnehmer kann fristlos gekündigt werden, wenn ein "wichtiger Grund" vorliegt. Das regelt Paragraph 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Wichtige Gründe können zum Beispiel ein Diebstahl im Betrieb oder eine grobe Beleidigung sein. Doch auch Bagatelldelikte können nach gängiger Rechtsprechung eine fristlose Kündigung rechtfertigen, weil sie das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber beschädigen.

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