Fachkräftemangel in Deutschland:Viel Panik, nichts dahinter

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Deutschland gehen die Fachkräfte aus, warnen Arbeitgeberverbände und Unternehmen. Alles Quatsch, sagt jetzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Das Problem sei eine "Fata Morgana".

Alles nur heiße Luft? Während Arbeitgeberverbände und Unternehmen nicht müde werden, die katastrophalen Auswirkungen des Fachkräftemangels für die deutsche Wirtschaft zu beschreiben, winkt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ab. Es sehe keine Anzeichen dafür, dass der Bundesrepublik gegenwärtig und in Zukunft die qualifizierten Fachkräfte ausgehen könnten, berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel vorab aus einer Studie des DIW, die am Dienstag vorgestellt wird. Die Diskussion sei eine "Fata Morgana", heiße es darin.

Zu wenig Nachwuchs? Die Sorge um den Fachkräftemangel sei unbegründet, meldet das DIW. (Foto: dpa)

Für ein generell knappes Arbeitskräfteangebot ließen sich "keine Belege finden". So seien die Löhne für Fachkräfte kaum gestiegen, zudem sei die Zahl der Arbeitslosen mit Qualifizierung größer als die Zahl der offenen Stellen. Auch angesichts der steigenden Zahl von Studenten in naturwissenschaftlich-technischen Berufen sei nicht mit einem Mangel zu rechnen. Auch für Zukunft gibt das DIW damit Entwarnung.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht das anders. Deutschland sei für ausländische Fachkräfte zu wenig attraktiv, warnt er. Ungeachtet des absehbar hohen Bedarfs an qualifizierten Zuwanderern tue die Bundesrepublik zu wenig, um Experten aus anderen Staaten anzulocken, heißt es in einer noch unveröffentlichten DIHK-Studie, aus der die Frankfurter Rundschau in zitiert. Nachholbedarf habe Deutschland demanch unter anderem bei der "Willkommenskultur".

Junge, qualifizierte Türken gaben gegenüber den Auslandskammern an, sie empfänden sich in Deutschland als unerwünscht; Polen beschwerten sich über das ihnen anhaftende Image "des Spargelstechers und Baugehilfen". "Ausländische Fachkräfte und Studenten stehen derzeit nicht Schlange, um ihre Fähigkeiten in Deutschland einzubringen; das sollte uns Sorgen machen", sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann der FR.

Nach einer Umfrage unter 47 Außenhandelskammern landet die Bundesrepublik auf der Skala zwischen eins ("attraktiv") und fünf ("unattraktiv") gerade mal bei einem Wert von 2,8. Als Hauptproblem wird dem Bericht zufolge die Sprache genannt. In vielen Ländern werde Deutsch nicht mehr gelernt. Dies liege auch daran, dass aufgrund von Sparzwängen weltweit Goethe-Institute geschlossen würden und der Deutsche Akademische Austauschdienst sowie Auslandsschulen ihre Angebote reduzierten.

Kritik üben die Kammern zudem an komplizierten, intransparenten und regional voneinander abweichenden Bestimmungen für Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen in Deutschland. Aus mehr als einem halben Dutzend EU-Mitgliedsländern gebe es regelmäßig Beschwerden, dass dortige Berufsabschlüsse oder Diplome in Deutschland nicht anerkannt würden.

© sueddeutsche.de/AFP/dapd/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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