Existenzgründer im Gespräch (5):Sechs Tage die Woche, 12 Stunden am Tag
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Medizininformatiker Jörg Traub entwickelte zusammen mit einem Kollegen 3-D-Visualisierungsgeräte für Krebs-Operationen. Jetzt wollen sie sich auf dem Markt durchsetzen.
Jörg Traub, 33, studierte Informatik und promovierte in Medizininformatik, sein Gründungspartner Thomas Wendler, 30, studierte Medizintechnik und Elektrotechnik und promovierte ebenfalls in Medizininformatik. Sie lernten sich an der TU München kennen, im Sommer 2008 gründeten sie gemeinsam mit ihrem damaligen Professor das Unternehmen Surgic Eye, das medizinische Geräte zur Visualisierung und 3D-Navigation bei Krebsoperationen produziert.
sueddeutsche.de: Was hat Sie dazu bewogen, Ihr eigenes Unternehmen zu gründen?
Jörg Traub: Mein Partner Thomas Wendler und ich hatten unter der Leitung von Professor Navab eine neue innovative Idee, die wir zuvor drei Jahre an der TU München entwickelt haben. Das hat uns motiviert. Die Gründung selbst haben wir ein dreiviertel Jahr lang vorbereitet.
sueddeutsche.de: Wie haben Sie die Chancen für Ihr Produkt ermittelt?
Traub: Mit Hilfe des Zentrums für Innovation und Gründung der TU München, der UnternehmerTUM, haben wir Marktanalysen und Umfragen gemacht sowie einen Businessplan erstellt. Den haben wir dann bei einem Business-Plan-Wettbewerb an der Universität Berkely eingereicht - und damit den ersten Preis gewonnen. Das war für uns eine Bestätigung, dass auch das Geschäftsmodell stimmt.
sueddeutsche.de: Technik ist teuer, wie viel Eigenkapital haben Sie mitgebracht?
Traub: Wir hatten jeder zwischen 50.000 und 100.000 Euro Eigenkapital. Später haben wir das Venture Capital-Unternehmen Bayern Kapital und den High-Tech-Gründerfonds als Finanzpartner gewonnen sowie Medizintechnickunternehmen als BusinessAngels.
sueddeutsche.de: Wie haben Sie sie von Ihrer Idee überzeugt?
Traub: Es gab viele Gespräche. Mit guten Ideen kann man Geldgeber immer überzeugen, aber das braucht Zeit, schließlich trägt der Kapitalgeber am Ende das größte Risiko. Wir haben nach der Gründung mit dem High-Tech-Gründerfonds Kontakt aufgenommen, bis zum Abschluss der Finanzierung dauerte es dann sechs Monate. Wir konnten am Ende damit überzeugen, dass unsere Idee der 3-D Visualisierung und -Navigation während der Operation einmalig ist, wir ein gutes Team sind und unser Konzept zur Markterschließung schlüssig war.
sueddeutsche.de: Was waren die größten Schwierigkeiten in Ihrem bisherigen Gründerleben?
Traub: Für uns als Ingenieure waren die betriebswirtschaftlichen Aspekte, wie die Finanzierung und die Vermarktung, die große Unsicherheit. Wir mussten erst sehen, dass wir uns - auch mit Beratung der Investoren - da einarbeiten konnten. Die schwierige Phase begann erst nach der Gründung. Jetzt müssen wir uns an einen Businessplan halten, auf Änderungen und Risiken reagieren und Zeitpläne einhalten - und unser Produkt am Markt einführen.
sueddeutsche.de: Ist das Gründerdasein so, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Traub: Wir dachten von Anfang an, dass die Gründung eines Unternehmens keine einfache Aufgabe ist. Darin wurden wir auch bestätigt. Beim Aufbau des Vertriebs gab es Verzögerungen und auch die Markteinführung ist eine große Herausforderung. Das haben wir uns einfacher vorgestellt. Dafür dauerte aber die Zulassung der Geräte weniger lang, als wir befürchtet haben. Im Großen und Ganzen sind wir also im Zeitplan.
sueddeutsche.de: Was waren Ihre größten Fehler?
Traub: Das Marketingkonzept und den Vertrieb haben wir unterschätzt, darum hätten wir uns eher kümmern müssen. Als Ingenieure dachten wir, zuerst muss die Technik stimmen, dann stimmt auch der Rest. Aber das stimmt nicht. Mit der Technik kann man ruhig ein bisschen in Verzug sein, die entwickelt sich dann noch. Aber wenn die Marketingstrategie nicht rechtzeitig steht, dann stimmt es finanziell nicht mehr.
sueddeutsche.de: Wie sehen Ihre Arbeitszeiten derzeit aus?
Traub: Im Durchschnitt arbeite ich sechs Tage die Woche von 8 bis 20 Uhr. Teilweise beginne ich aber schon früher, wenn ich eine Besprechung mit Ärzten habe. Und wenn wir auf Veranstaltungen oder Kongressen sind, dann werden es schon mal 24 Stunden am Tag. Mein Kollege Thomas Wendler war jüngst eine Woche in Japan, um unsere Maschinen zu vermarkten. Er flog zurück, landete am Abend in München, ich holte ihn ab, wir hatten eine Besprechung im Auto und am nächsten Tag um sechs Uhr morgens ist er nach Italien gefahren. Da passt das Zitat: "Entweder du arbeitest acht Stunden am Tag für jemand anderes, oder du arbeitest 24 Stunden am Tag für dich selbst."