Existenzgründer im Gespräch (5):Auf's richtige Pferd gesetzt

Als Laien einen Nischenmarkt erobern? Tanja Uredat und Stefan Kreutz haben es gewagt. Sie gaben eine sichere Festanstellung auf - und vermitteln jetzt deutsche Turnierpferde in alle Welt.

Tanja Uredat, 42, und Stefan Kreutz, 42, gründeten Ende 2008 das Unternehmen German Horse Center - und stiegen damit als Laien in einen Szenemarkt ein. Seit März 2009 bietet German Horse Center auf einer Webseite deutsche Sportpferde aus Profiställen internationalen Interessenten zum Kauf an und bringt damit erstmals renommierte deutsche Gestüte und Verkaufsställe auf einer Webseite zusammen. Tanja Uredat war zuvor als Internet Projektmanagerin selbständig, Stefan Kreutz arbeitete als Marketing-Experte im Vertrieb der Deutschen Post AG.

Stefan Kreutz und Tanja Uredat gründeten das Unternehmen German Horse Center

Stefan Kreutz und Tanja Uredat gründeten das Unternehmen German Horse Center.

(Foto: privat)

sueddeutsche.de: Was hat Sie dazu bewogen, ihre Anstellung aufzugeben und ein Unternehmen zu gründen?

Tanja Uredat: Wir beide teilen eine Passion für Pferde und den Reitsport. Die Idee für German Horse Center kam uns, als ich selbst ein Pferd gesucht habe und mich im Anbieter-Chaos zurechtfinden musste. Wir haben erkannt, dass man die Marktsituation für die Kunden verbessern könnte: Die Pferde besser präsentieren und einen vertrauensvollen Ort für die Kunden schaffen. Mit German Horse Center wollen wir mehr Transparenz und Sicherheit beim Kauf eines Pferdes gewährleisten , auch für die Verkaufsställe und die Interessenten im Ausland. Bislang hatten kleine aber gute Gestüte auf dem Markt kaum eine Chance gegen die großen Player.

sueddeutsche.de: Wann haben Sie sich dazu entschieden, diese Idee umzusetzen?

Stefan Kreutz: Wir haben die Gründung fast fünf Jahre lang nebenberuflich vorbereitet und uns schon sehr früh fachliche Beratung aus der Reiterszene geholt. Nach und nach sind wir dann in das Geschäft eingestiegen, anfangs lief das alles abends, nachts und an den Wochenenden, so dass wir unseren Berufen weiter nachgehen konnten. Die Nachfrage stieg, so dass irgendwann der Punkt kam, an dem wir uns entscheiden mussten: Entweder wir lassen es so klein und nett weiterlaufen, oder wir steigen richtig ein. Mit allen Risiken. Ich habe dann meinen Job gekündigt und widme mich seit Juni 2009 hauptberuflich German Horse Center, Tanja Uredat stieß im Sommer 2010 Vollzeit dazu.

Uredat: Es war klar, wenn wir nicht unsere ganze Zeit und Energie da reinstecken, dann bleibt es ein halbherziges Projekt.

sueddeutsche.de: Wie haben Sie die Chancen für Ihr Produkt ermittelt?

Uredat: Wir haben uns von Anfang an Feedback aus der Fachwelt und von Kunden geholt. Und wir haben selbst gesehen, dass die Nachfrage wächst.

Kreutz: Nebenberuflich hätten wir dem Anspruch nicht mehr gerecht werden können.

"Deutschland hat keine Gründerkultur"

sueddeutsche.de: Wie viel Eigenkapital haben Sie mitgebracht?

Uredat: Am Anfang haben wir viel aus eigener Tasche bezahlt, ohne das wirklich als Eigenkapital zu deklarieren. Da sind die Grenzen fließend. Später dann die 25.000 Euro für die Gründung der GmbH.

sueddeutsche.de: Wer sind jetzt Ihre Geldgeber?

Uredat: Wir hatten von Anfang an die Unterstützung eines privaten Unternehmers. Ursprünglich hat er nur unsere Business-Pläne überprüft und uns mit Rat zur Seite gestanden. Dann rief er eines Tages an und sagte: "Ich mache mit". Das war ein toller Tag für uns, und unser Investor ist ein wahrer Business-Angel .

Kreutz: Wir waren besonders froh, weil wir zu diesem Zeitpunkt bereits ein dreiviertel Jahr damit zugebracht hatten, uns um öffentliche Fördergelder oder die Unterstützung durch Banken zu bemühen. Vergebens. Wir haben festgestellt, dass es in Deutschland keine echte Gründer- oder Unterstützungskultur gibt.

Uredat: Zwar gibt es viele schöne bunte Werbeprospekte für Fördermöglichkeiten, aber es war ernüchternd zu sehen, dass am Ende jemand, der vom Markt nichts versteht, anhand weniger Zahlen entscheidet, ob Gelder fließen oder nicht. Welche Idee oder welche Menschen dahinter stecken, ist dabei meist völlig nebensächlich.

sueddeutsche.de: Was waren die größten Schwierigkeiten in Ihrem bisherigen Gründerleben?

Uredat: Die Suche nach einem Investor, aber auch die bürokratischen Hürden. Wir hatten viele tolle Ideen, die am Ende der Bürokratie zum Opfer fallen mussten. So wollten wir ausländischen Kunden eine Art Reisebegleiter als Chauffeur und Übersetzer zur Seite stellen. Dafür hätten wir aber ein Taxiunternehmen anmelden müssen, und das Geld hatten wir einfach nicht. Jetzt müssen die Kunden selbst einen Wagen anmieten, wenn Sie nach Deutschland kommen. Das ist natürlich weniger reizvoll.

Kreutz: Auch im Markt selbst haben sich Hürden aufgetan, die wir nicht erwartet haben. Wir wollten von Anfang an klare Spielregeln für den Kauf eines Pferdes und offene Preistransparenz. Das ist auf diesem Markt unüblich. Auch Geschäfte sind deshalb geplatzt. Und für ein globales Unternehmen wie uns sind auch die Finanzkrise, der starke Euro oder die Aschewolke eine Herausforderung.

sueddeutsche.de: Was waren Ihre größten Fehler?

Uredat: Am Anfang haben wir Zusagen von Kunden zu leichtgläubig vertraut und sind in Vorleistung getreten. Dadurch haben wir einmal viel Geld verloren. Wir haben Pferde für Südamerika transportfertig gemacht und sind auf den Tierarztkosten sitzen geblieben. Heute geht nichts mehr ohne Vorkasse, auch wenn es die nettesten Kunden sind.

Ein halber freier Sonntag? Luxus

sueddeutsche.de: Wie sehen Ihre Arbeitszeiten derzeit aus?

Kreutz: Vor unserer Unternehmensgründung hatten wir geregelte Arbeitszeiten, jetzt arbeiten wir fast sieben Tage die Woche. Inzwischen haben wir uns aber vorgenommen, zumindest den halben Sonntag frei zu nehmen. Aber auch das klappt nicht immer.

sueddeutsche.de: Wieviel verdienen Sie mit Ihrem Unternehmen im Moment?

Uredat: Noch nicht genug! Unser Verdienst ist derzeit etwa um ein Drittel geringer als vor unserer Unternehmensgründung. Das wollen wir noch steigern.

sueddeutsche.de: Würden Sie den Schritt in die Existenzgründung trotzdem nochmal wagen?

Uredat: Auf jeden Fall. Es ist toll, schnelle und unmittelbare Entscheidungen selbst treffen zu können.

sueddeutsche.de: Wie sehen Sie Ihre Zukunft?

Kreutz: Wir wollen der führende Anbieter auf dem deutschen Pferdemarkt werden. Dafür brauchen wir einen weiteren Investor, um expandieren zu können. Noch sind wir auf der Suche. Gut ist, dass wir inzwischen Zahlen vorweisen können, die zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind. Viele Investoren finden unser Unternehmen interessant, aber sie kennen sich in diesem Nischenmarkt nicht aus und wollen deshalb nicht investieren. Das ist für uns nicht einfach.

sueddeutsche.de: Welchen Ratschlag würden Sie Menschen geben, die mit dem Gedanken spielen, ihr eigenes Unternehmen zur gründen?

Uredat: Es ist wichtig mit einem guten Netzwerk zu starten. Ohne engagierte Menschen mit Expertise geht es nicht. Von Vorteil ist es, wenn die Gründer unterschiedliche Qualifikationen mitbringen. Bei uns ist Stefan der Experte für Vertrieb, ich für das Internetmarketing. Auf keinen Fall dürfen sich junge Gründer abschrecken lassen von Leuten, die ihre Idee nicht gut finden.

Kreutz: Es hilft, sich von Anfang an das Feedback von Experten und Kunden zu holen, auch wenn es manchmal ernüchternd ist. Und man braucht die Flexibilität, Änderungen am Konzept zuzulassen, wenn sie nötig sind.

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