Zeitmanagement:"20 Prozent des Arbeitstages sollten störungsfrei bleiben"

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Später ins Büro kommen - das kann auch für einen Top-Manager sinnvoll sein, sagt der Business-Coach Werner Kreuz. (Foto: picture alliance/AP Photo)

Ist Donald Trump ein Faulenzer? Geleakte Kalender des US-Präsidenten legen das nahe. Doch Manager-Berater Werner Kreuz sagt, "Executive Time" sei durchaus wichtig.

Interview von Larissa Holzki

Die ersten drei Stunden seines Arbeitstages plant Donald Trump für "Executive Time" ein. Das geht aus Terminkalendern hervor, die Journalisten von Axios zugespielt wurden. Executive lässt sich mit "ausführend" oder "geschäftsführend" übersetzen. Daran gibt es nichts zu kritteln. Was man aber auch weiß von redefreudigen Staatsdienern: Für Trump bedeutet "Executive Time" vor allem Zeit zum Fernsehen, Twittern und Telefonieren. Er verbringt diese Zeit lieber in seinen Wohnräumen anstatt im Büro, raunen Mitarbeiter des Weißen Hauses. Und er handle in dieser Zeit meist ohne Plan.

Kann eine Führungskraft, kann der US-Präsident so arbeiten? Werner Kreuz war in der Leitung einer internationalen Unternehmensberatung tätig und berät heute hochrangige Manager.

SZ: Herr Kreuz, wie durchgetaktet sollte der Terminkalender eines Top-Managers sein?

Werner Kreuz: Wenn Manager von einem Termin zum anderen hetzen müssen, machen sie etwas falsch. Sie haben keine Zeit, sich auf das nächste Thema einzustellen, sind dann meist unvorbereitet und kommen womöglich auch noch zu spät. Dadurch sind Sitzungen ineffizient, dauern länger, und die erzielten Ergebnisse sind nicht optimal. Zwischen jedem Meeting sollten mindestens zehn Minuten liegen, idealerweise eine halbe Stunde.

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Kommentar von Larissa Holzki

Der US-Präsident nimmt sich regelmäßig am Morgen erst mal drei Stunden Zeit, in die er keine Termine legt. Vor elf kein Meeting. Ist das Faulheit?

Das kommt darauf an. "Executive Time" ist sehr wichtig. Ich bin zum Beispiel gerne morgens ab 7 Uhr im Büro und habe dafür gesorgt, dass ich kein Meeting vor 8.30 Uhr annehme. So habe ich Zeit, in Ruhe und ohne Störung den Tag vorzubereiten, wichtige Berichte zu analysieren und Präsentationsideen zu entwickeln.

Als Business-Coach berät Werner Kreuz Vorstände und Geschäftsführer sowohl in Bezug auf ihre Verhaltensweisen als auch inhaltlich und strategisch. (Foto: privat)

Bei Trump soll diese Zeit in den letzten Monaten bis zu 60 Prozent seines Arbeitstages ausgemacht haben. Genau weiß man das nicht, weil es auch geheime Gespräche gegeben haben soll. Einen Großteil der Zeit hat er aber in seinen Wohnräumen verbracht.

Meine Faustregel ist: Wenn Sie zehn Stunden am Tag arbeiten, nehmen Sie sich davon mindestens zwei Stunden für konzentrierte Arbeit. 20 Prozent des Arbeitstages sollten also störungsfrei bleiben - am besten die Zeit, in der Sie besonders leistungsfähig sind. Wer im Büro keine Ruhe hat, kann diese Zeit durchaus auch zu Hause verbringen. Das kann für strategische Überlegungen sinnvoll sein. Oder auch, wenn man sich Gedanken machen will, wie man mit unterschiedlichen Charakteren und Standpunkten in einem wichtigen Meeting umgehen will.

Der US-Präsident zieht angeblich fernsehen, twittern und telefonieren vor. Muss ein Präsident auch mal vor dem Fernseher sitzen, um am Puls der Zeit zu bleiben?

Aus meiner Sicht ist das eher ein kindliches Verhalten. Wenn er das vernünftig und systematisch machen will, sollte er Leute haben, die ihm die Highlights zusammenfassen. Er muss nicht persönlich sehen, was die CNN-Reporterin oder der Fox-News-Reporter im Detail gesagt haben.

Gut möglich, dass Trump am liebsten Trump schaut. Kann das nützlich sein, die eigenen öffentlichen Auftritte noch mal anzusehen?

Das kann es sein - aber nur, wenn ein Medienprofi dabei ist. Der kann Auftritte analysieren wie ein Fußballtrainer Spielzüge: Diese oder jene Geste war nicht stark genug, da könnte die Wortwahl besser sein oder das Sprechtempo dem Inhalt angemessener. Wenn er nur dort sitzt und denkt: Oh, da war ich wieder klasse, ist das pure Eitelkeit.

Telefonieren kann man als Kontaktpflege verbuchen. In den publizierten Trump-Kalendern sollen einige Gesprächstermine fehlen, über die nur sehr enge Mitarbeiter informiert sind. Wie viel Netzwerken ist noch notwendig, wenn man ganz oben angekommen ist?

Netzwerken ist tatsächlich elementar. Um zu hören, wie die Stimmung ist. Aber auch um Deals vorzubereiten. Da oben wird viel mehr im persönlichen Gespräch geregelt, als man glaubt. Trump hat das bisher nicht wirklich geschickt gemacht, sonst hätte er seine so geliebte Mauer wohl durchbekommen. Andere Präsidenten haben Senatoren und andere einflussreiche Personen angerufen, um zu sagen: Wenn du da zustimmst, gebe ich in einem anderen Bereich nach. Je höher man kommt, desto weniger inhaltliche Detailkenntnis wird erwartet, wohl aber strategischer Über- und Weitblick. Man muss vor allem die Schlüsselpersonen persönlich kennen und anrufen können, um gemeinsam getragene Lösungswege zu finden.

Trump gilt als Bauchentscheider. Können Sie Spontaneität etwas abgewinnen?

Bei brennenden Problemen auf jeden Fall. Eingebungen können bei kniffligen Fragestellungen hilfreich sein; aber Sie sollten daraus kein Prinzip machen. Spontane Entscheidungen sind weniger durchdacht. Auch sollten Sie vermeiden, unangekündigt Leute anzurufen, denn man bringt sie in eine unangenehme, weil unvorbereitete Lage. Die Folge: Das Gespräch wird von weniger Erfolg gekrönt sein.

Was könnten sich Top-Manager von dem US-Präsidenten abschauen?

Ich persönlich mag den Trump-Führungsstil nicht. "Management-by-Twitter" halte ich für ein Führungsverhalten, das eher zur Verwirrung beiträgt als zu effizienten und effektiven Problemlösungen. Aber etwas Entscheidendes macht er richtig: Er hat seinen eigenen Stil gefunden. So hat er einmal gesagt: Ich habe immer etwas anderes gemacht, als man von mir erwartet hat. Das kann in bestimmten Situationen durchaus ein erfolgreiches Management-Prinzip sein.

Werner Kreuz hat für die amerikanische Unternehmensberatung A.T. Kearney unter anderem als Europachef eine von vier Regionen weltweit verantwortet. Auf Basis seiner Führungserfahrung coacht und berät er heute für die Düsseldorfer Grundmann Consulting hochrangige Führungskräfte nationaler und internationaler Unternehmen.

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