Süddeutsche Zeitung

Erwartungen der Generation Y:"Arbeit muss Sinn und Spaß machen"

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Sie wollen arbeiten und leben. Und sie hinterfragen Aufgaben und Anweisungen. Nach 1980 geborene Arbeitnehmer sind selbstbewusst - und ecken damit bei manchem Chef an. Personal-Professorin Susanne Böhlich über die Generation Y im Job.

Von Christine Demmer

Die nach 1980 Geborenen - also die sogenannte Generation Y - hinterfragen Anweisungen von Vorgesetzten und bestehende Vorgaben, sagt Susanne Böhlich, manchmal aber würden auch unrealistische Erwartungen vorherrschen.

SZ: Mit welchen Erwartungen steigen junge Arbeitnehmer heute in s Berufsleben ein?

Susanne Böhlich: Die nach 1980 Geborenen wollen schnell Verantwortung übernehmen und in den Unternehmen etwas gestalten, bewegen und verändern. Und sie wollen Abwechslung im Job. Aus der Schule und der Hochschule sind sie an eine kurzfristige Taktung gewöhnt: Projektaufgaben, Praktika, immer etwas Neues. Jahr für Jahr die gleiche Arbeit zu machen, ist für sie eine Horrorvorstellung. Das ist wie bei Computerspielen, wo man stets nach dem nächsten Level strebt. Sie erwarten, dass ihre Chefs das verstehen und fördern. Spannende Aufgaben und regelmäßiges Feedback sind ihnen sehr wichtig.

Inwieweit unterscheiden sich diese Vorstellungen von denen der Vorgänger-Generationen?

Bei den in den Fünfziger- und Sechzigerjahren aufgewachsenen Babyboomern steht die Arbeit im Vordergrund. Ihr Motto ist: Ich lebe, um zu arbeiten. Davon hat sich die Generation Y weit entfernt. Sie wollen arbeiten und leben.

Will die Generation Y weniger arbeiten oder will sie anders arbeiten?

Nach ihrem Verständnis muss Arbeit Sinn und Spaß machen. Deshalb nehmen sie nicht alles hin, sondern hinterfragen Aufgaben und Anweisungen. Wenn junge Leute nicht verstehen, warum sie bis Mitternacht im Büro sein sollen, lehnen sie das ab. Ein Beispiel: Wenn abends im Projekt lange gearbeitet werden muss, sie aber Karten für ein Basketballspiel haben, dann argumentieren sie: Warum soll ich abends im Büro sein? Ich kann das doch am Wochenende nacharbeiten.

Wer für Karriere auf Privatleben verzichtet hat, empfindet die Forderungen der Jungen als überzogen . Zu Recht?

Ältere Arbeitnehmer, zumal solche in Führungsverantwortung, haben gelernt: Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Diese Arbeitsphilosophie haben sie verinnerlicht und stellen sie nicht in Frage. Die Denkhaltung der Jungen ruft ihnen nun ihre eigenen Versäumnisse ins Bewusstsein. Denn wenn sie sie akzeptieren, müssten sie ja eingestehen, dass sie sich und ihre Familie ein Stück weit vernachlässigt haben.

Wie gehen ältere Vorgesetzte mit diesem inneren Konflikt um?

Viele sind erst mal baff und denken: Was fällt denen ein? Auf der anderen Seite bewundern sie, wie selbstbewusst der Nachwuchs seine Forderungen stellt. Sie selbst hätten sich das nie getraut.

Sind sich die Jungen ihres Knappheitswertes bewusst und richten ihre Forderungen entsprechend aus?

Wer gefragt ist, kann Forderungen besser durchsetzen. Vertreter der Generation Y sind unzufrieden, wenn es nicht läuft, wie es nach ihrem Verständnis laufen sollte.

Wie führt man diese Generation?

Indem man seinen Mitarbeitern häufig Erfolgserlebnisse verschafft und ihnen regelmäßig Feedback gibt, und zwar partnerschaftlich und nicht von oben herab. Die Jungen bewerten Vorgesetzte nämlich nicht wegen ihres Rangs, sondern fragen, was hat der drauf. Sie haben sehr hohe, oft unrealistische Erwartungen an ihre Vorgesetzten. In einem Gespräch auf Augenhöhe lassen sich die aber zurechtrücken.

Susanne Böhlich lehrt an der Internationalen Hochschule Bad Honnef-Bonn Human Resources und Marketing. Zuvor war die Professorin Beraterin bei McKinsey und verantwortete das weltweite Personalmarketing der Deutschen Post DHL.

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SZ vom 13.04.2013
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