Erster Schultag in Bayern:In der Klasse wird es eng

Das neue Schuljahr startet mit alten Problemen: Die Klassen sind zu eng, Lehrer fehlen, der Unterricht fällt aus - eine Mängelliste.

Christine Burtscheidt

Grundschule

Einschulung, dpa

Einschulung: 22,5 Kinder sitzen durchschnittlich in einer Grundschulklasse.

(Foto: Foto: dpa)

Klassenstärken 22,5 Kinder sitzen durchschnittlich in einer Grundschulklasse, 0,3 weniger als im Vorjahr. Dennoch gibt es Klassen mit 30 und mehr Schülern. Pädagogisch vertretbar sind laut bayerischem Lehrerverband höchstens 25 Kinder.

Lehrerstellen Kleinere Klassen heißt mehr Lehrer. Zusätzliche Stellen sind aber nicht in Sicht, obgleich es dafür Bewerber gäbe. 1000 Grundschullehrer warten zurzeit auf eine Anstellung.

Unterrichtsausfall Im vergangenen Schuljahr fiel 1,1 Prozent des Unterrichts an den Volksschulen laut einer Erhebung des Kultusministeriums aus; zu den Volksschulen zählen alle Grund-, Haupt- und Förderschulen. Abzüglich der Vertretungsstunden waren es sogar neun Prozent der Stunden, die nicht gehalten werden konnten.

Ganztagsangebote Den größten Zuwachs an richtigen Ganztagsklassen, in denen über den Tag hinweg zwischen Unterricht und Freizeit abgewechselt wird, verzeichnet die Grundschule. Die Ganztagsklassen wurden von 40 auf 150 aufgestockt, was jedoch bei 2300 Grundschulen immer noch gering ist.

Probleme am Gymnasium

Gymnasium

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Klassenstärken Die Klassen sind weiterhin mit durchschnittlich 26,8 Schülern groß und erreichen an manchen Gymnasien mit 33 Schülern die Höchstgrenze.

Lehrerstellen Keine Schulart leidet so sehr unter dem Lehrermangel wie das Gymnasium. Auch in diesem Schuljahr können wieder etliche Stellen nicht mit ausgebildeten Kräften besetzt werden, weil es sie auf dem Arbeitsmarkt nicht gibt. Bei sieben Prozent des Lehrpersonals handelt es sich laut Philologenverband um Aushilfskräfte. Besonders betroffen sind Chemie, Biologie, Mathe, Physik und Latein. Damit der Pflichtunterricht einigermaßen gesichert ist, werden Wahlkurse nur eingeschränkt angeboten.

Unterrichtsausfall Folge des Lehrermangels ist, dass viel Unterricht ausfällt. 3,6 Prozent der Stunden werden nicht gehalten, abzüglich der Vertretungsstunden sind es sogar neun Prozent.

Ganztagsangebote Lediglich zwölf staatliche Ganztagsgymnasien gibt es in Bayern. Immerhin ist im Zuge der Schulzeitverkürzung die Mittags- und Nachmittagsbetreuung auf 927 Angebote ausgebaut worden.

Probleme an der Realschule

Gymnasium, dpa

In Bayern gibt es lediglich zwölf staatliche Ganztagsgymnasien.

(Foto: Foto: dpa)

Realschule

Probleme an der Realschule

Klassenstärken Die Realschule hat jahrelang unter Mammutklassen von mehr als 34 Schülern gelitten. Inzwischen gibt es nur einige wenige Klassen mit maximal 33 Schülern. Die durchschnittliche Schülerzahl liegt bei 27,4. Ziel des Realschullehrerverbands wären 25 Schüler.

Lehrerstellen Kleinere Klassen kann die Realschule nur bilden, wenn sie mehr Stellen bekommt. 1500 wären allein zusätzlich erforderlich, um eine Höchstgrenze von 30 Kindern einzuführen. Anders als am Gymnasium gäbe es dafür ausreichend Nachwuchslehrer.

Probleme an der Realschule

Unterrichtsausfall Die Realschule erlebt zurzeit einen Referendar-Boom. Die gegenwärtig 1250 Nachwuchskräfte an den 220 Realschulen ersetzen 800 Vollzeitlehrer und sichern den Pflichtunterricht.

Ganztagsangebote Ähnlich wie am Gymnasium gibt es zwar 679 Angebote zur Nachmittagsbetreuung, doch nur 13 Ganztagsschulen.

Realschule, ddp

Realschüler: Referendare sichern den Pflichtunterricht.

(Foto: Foto: ddp)

Probleme an der Hauptschule

Hauptschule

Probleme an der Hauptschule

Klassenstärken Die Hauptschule ist die Schulart mit den kleinsten Klassen. Ein Lehrer unterrichtet durchschnittlich 20,5 Schüler. Die pädagogische Arbeit ist jedoch auch besonders anspruchsvoll, weil diese Schulart viele Migrantenkinder besuchen, die oft aus bildungsfernen Schichten kommen. Zur Entlastung des Unterrichts dürfen von diesem Herbst an Hauptschulen mit einem Migrantenanteil von mehr als 50 Prozent erstmals Klassen bereits bei 25 Schülern teilen.

Lehrerstellen In Bayern gibt es 950 Hauptschulen. Jede bräuchte laut bayerischem Lehrerverband eine zusätzliche Lehrerstelle, um ihre Schüler besser fördern zu können. Doch selbst, wenn die Staatsregierung das Geld dafür bereitstellen würde, gäbe es am Arbeitsmarkt nicht ausreichend Lehrer dafür.

Unterrichtsausfall Siehe Grundschule.

Probleme an der Hauptschule

Hauptschule, dpa

Hauptschüler: Zur Entlastung dürfen Hauptschulen mit einem Migrantenanteil von mehr als 50 Prozent erstmals Klassen bereits bei 25 Schülern teilen.

(Foto: Foto: dpa)

Ganztagsangebote Die Hauptschule weist die meisten Ganztagsschulen auf, weil sie die schwierigste Schülerklientel hat. In dem Jahr sind es 384 Klassen. Fast alle Schulen bieten zudem ein Mittagessen oder eine Nachmittagsbetreuung an.

Probleme an Förderschulen

Förderschule

Klassenstärken Das Betreuungsverhältnis klingt gut, ist aber besonders schlecht: Auf einen Förderschullehrer kommen in Bayern durchschnittlich 7,5 Schüler; bundesweit sind es 5,4. Mehr als sechs Schüler sind dem Landesverband Lebenshilfe zufolge pädagogisch nicht vertretbar. Je Schulart kann die Klassenstärke in Bayern jedoch auf bis zu zehn Schüler ansteigen. Bei den Angeboten für geistig behinderte Kinder liegt sie zurzeit etwa bei 9,2 Schülern.

Lehrerstellen Die 400 öffentlichen und privaten Förderschulen leiden wie keine andere Schulart unter Lehrermangel. Ihnen wurden 100 Stellen gestrichen, sodass die Lebenshilfe klagt: "Nirgends ist die Versorgung so schlecht wie in Bayern."

Unterrichtsausfall Siehe Grundschule.

Ganztagsangebote Die Ganztagsklassen wurden von 30 auf 67 erweitert. Nachmittagsbetreuung bieten 111 Schulen an.

Integration Eine neue UN-Konvention stärkt die Rechte von Behinderten. Dazu gehört auch ihre Integration in Regelklassen. In Bayern können an solchen Kooperationen bislang nur 23 Prozent der Schüler teilhaben.

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