Erreichbarkeit bei der Arbeit:Von der Leyen will Arbeitnehmer vor Computerstress schützen

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Viele Arbeitnehmer sind jederzeit für ihre Firma erreichbar - per Mail, per Smartphone, per Telefon. Arbeitsministerin von der Leyen allerdings will, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter besser vor Stress durch Computer und Smartphones schützen. Dazu seien klare Regeln nötig.

Unternehmen sollen ihre Mitarbeiter nach dem Willen von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) besser vor Stress durch Computer und Smartphones schützen. Dazu seien klare Regeln nötig, sagte sie der Bild-Zeitung. "Das Arbeitsschutzgesetz verlangt mit seinem knallharten Strafenkatalog von jedem Chef, dass er Körper und Geist seiner Mitarbeiter aktiv schützt - werktags genauso wie am Wochenende", so die Ministerin.

Etwa ein Drittel aller Arbeitnehmer ist nach Erhebungen des Branchenverbandes Bitkom jederzeit durch seinen Arbeitgeber erreichbar. 85 Prozent der Befragten geben in einer Studie des BKK-Bundesverbandes an, außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit für Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte per Internet, Festnetzanschluss oder Handy erreichbar zu sein. Die Studie zeigt außerdem, dass in Deutschland fast die Hälfte der Befragten (46 Prozent) keiner regulären Fünf-Tage-Woche nachgeht, sondern regelmäßig an Samstagen, Sonn- und Feiertagen, im Schicht-, Nacht- oder Bereitschaftsdienst arbeitet.

"Erreichbarkeit ist der neue Streßfaktor Nummer eins", sagt Heinz Kaltenbach, Geschäftsführer des BKK Bundesverbandes. Bei der Hälfte der Berufstätigen treten der Studie von 2010 zufolge Schlafprobleme sowohl an Arbeitstagen als auch an arbeitsfreien Tagen auf. Als häufigsten Grund gaben die Befragten allgemeinen Stress an, knapp gefolgt von beruflichem Stress oder beruflicher Überforderung und dem Nichtabschaltenkönnen von der Arbeit. Jedem Siebten (14 Prozent) macht die ständige Erreichbarkeit für berufliche Belange zu schaffen. Jeder fünfte Berufstätige geht kurz vor dem Schlafengehen berufsbezogenen Tätigkeiten nach, so werden dienstliche E-Mails und SMS geprüft oder etwas für die Arbeit erledigt.

Viele Arbeitnehmer lassen sich von den Unternehmen vereinnahmen, weil sie Sorge um den eigenen Arbeitsplatz haben, im Konkurrenzkampf mit Kollegen stehen oder schlicht meinen, sie seien unabkömmlich, sagt Kaltenbach. Viele Arbeitnehmer hätten auch nur befristete Verträge und versuchten, sich über die permanente Erreichbarkeit zu profilieren. "Dass die Hälfte der Berufstätigen Schlafprobleme hat und sich deshalb nicht ausgeruht fühlt, beobachten wir mit Sorge."

Es sei im Interesse der Unternehmen, betont Kaltenbach, dass dort auf ein gesundes Freizeitverhalten der Mitarbeiter geachtet werde. Notfalls müsse auch die Erwartungshaltung runtergeschraubt werden. "Die Zahl der Burn-out-Fälle hat sich in den vergangenen Jahren verzehnfacht - und wenn ein Mitarbeiter erst einmal ausgebrannt ist, dauert es sehr lange, bis er wieder voll in den Job einsteigen kann." Vielen Arbeitnehmern fall inzwischen die Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben schwer.

"Sie sollten kritisch überprüfen, ob es wirklich notwendig ist, jederzeit erreichbar zu sein. Zwei Drittel der Befragten sagten nämlich, dass ein ständiges Stand-by nicht verlangt wird", sagt Kaltenbach. Sie sollten die Geräte nach einem langen Arbeitstag zumindest rechtzeitig vor dem Schlafengehen ausschalten, damit Sie im wahrsten Sinne des Wortes "abschalten" können. So erhalten sie auf Dauer ihre Leistungsfähigkeit im Job.

Eine Reihe von Unternehmen hat bereits Maßnahmen gegen das Dauer-Stand-by ergriffen. So hat der Autokonzern VW unlängst mitgeteilt, dass Mitarbeitern eine halbe Stunde nach Dienstende keine E-Mails mehr auf ihre Smartphones weitergeleitet werden. Beim BMW etwa wird nicht erwartet, dass am Wochenende auf Mails reagiert wird. Auch bei der Deutschen Telekom müssen Mitarbeiter nur während ihrer Dienstzeit auf Mails reagieren, nicht in der Freizeit.

Arbeitministerin von der Leyen will, das alle Arbeitnehmer in Deutschland besser geschützt sind und fordert "glasklare Regeln", zu welchen Uhrzeiten Arbeitnehmer erreichbar sein müssen und wann sie dafür Ruheausgleich bekommen, wann sie ihre Mails checken müssen, und wann ist es okay, sich darum später zu kümmern. Die neue Technik an sich stelle kein Problem für die Gesundheit dar - "wir müssen nur lernen, vernünftig damit umzugehen".

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/wolf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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