Ernährung am Arbeitsplatz:Aus der Kantine ins Nachmittagstief

Hausmannskost in der Kantine

Hausmannskost in der Kantine: Ist das die richtige Wahl?

(Foto: dpa)

Auf die Betriebskantine wird gerne geschimpft - aber ist das Essen dort wirklich so schlecht? Ein Gespräch mit Ernährungswissenschaftlerin Miriam Eisenhauer über billige Sättigungsbeilagen, die Tücken von Kaffee und wie der Darm auf Kantinenkost reagiert.

Von Violetta Hagen

Zur Person

Miriam Eisenhauer ist Ernährungswissenschaftlerin und Autorin mehrerer Bücher. Zuletzt erschien von ihr "Das Prinzip GESund: Gut essen, einfach umsetzbar, schlank und gesund werden. Die Formel für den Alltag".

SZ: Frau Eisenhauer, wie gesund lebt man als regelmäßiger Kantinenesser?

Miriam Eisenhauer: Das hängt stark von der Qualität der Kantine ab. Häufig gibt es zwei Probleme: Erstens wird das Essen oft schon morgens gekocht und zur Mittagszeit wieder aufgewärmt. Da gehen viele Vitamine kaputt. Zweitens sparen viele Kantinen Geld, indem sie hauptsächlich stärkehaltige Nahrungsmittel anbieten, also Kartoffeln, Nudeln und Reis. Die machen satt und sind günstig.

Was ist das Problem daran?

Stärke besteht aus Glukose, die sorgt dafür, dass der Blutzuckerwert in die Höhe schießt. Danach sackt er aber sehr schnell ab: Wir werden müde und können uns schwer auf die Arbeit konzentrieren. So treibt uns die Kantine direkt ins Nachmittagstief.

Wie sieht das perfekte Mittagessen für Büromenschen aus?

Ein Drittel frisches Gemüse, am besten roh oder leicht gekocht. Ein Drittel Sättigungsbeilage, also Nudeln, Reis, Kartoffeln oder Brot. Ein Drittel Eiweiß. Das Eiweiß sollte nicht immer tierisch sein, wie bei Fleisch oder Käse. Zwei Mal die Woche sollte man stattdessen Hülsenfrüchte, Sprossen, Pilze oder Tofu essen.

Wie entgehe ich der fleischlichen Versuchung in der Kantine?

Sie können die Linsensuppe ohne Würstchen essen. Oder sich am Buffet einen Salat mit Pilzen oder Kernen und einem Stück Brot holen.

In manchen Kantinen gibt es kein Salatbuffet - was mache ich dann? Bleibt nur die Stulle?

An einer Stulle ist gar nichts auszusetzen. Ich empfehle, dafür Vollkornbrot zu verwenden, das hat viele Ballaststoffe. Als Belag kann man Käse oder Wurst nehmen oder herzhafte pflanzliche Aufstriche, wie Hummus oder eine Creme aus Sonnenblumenkernen. Dazu kann man sich eine Box mit Rohkost einpacken, Paprika, Radieschen und eine halbe Gurke zum Beispiel.

Wie sieht es mit Kaffee aus?

Kaffee zügelt den Appetit. Das kann dazu führen, dass man im Büro zu wenig isst und dann abends, wenn die Kaffeewirkung nachlässt, viel zu viel. Menschen mit hohem Blutdruck sollten sich bei Kaffee auch zurückhalten. Ansonsten sind ein bis drei Tassen am Tag in Ordnung - allerdings ohne Zucker und ohne Süßstoff.

Das klingt ganz schön diszipliniert.

Ja, aber wenn ich mich tagsüber so ernähre, muss ich abends nicht ganz so streng sein. Dann darf es zum Beispiel auch ein saftiges Steak sein oder ein Salat mit Schafskäse, Pilzen oder Rindfleischstreifen und dazu geröstete Kartoffelecken.

Wenn die Kantine auf den Darm schlägt

Was ist die Folge vom üblichen Kantinenessen - außer vielleicht, dass ich nachmittags müde werde?

Dadurch, dass wir zu viel Stärke und Zucker zu uns nehmen und zu wenige Ballaststoffe, füttern wir die falschen Mikroorganismen in unserem Darm. Das kann dazu führen, dass man einen sogenannten Reizdarm entwickelt. Dem fällt es schwer, Vitamine und Mineralstoffe aufzunehmen. So können Mangelsymptome entstehen, die wir dann mit teuren Nahrungsergänzungsmitteln zu behandeln versuchen.

Manche Arbeitnehmer lassen bei Stress das Mittagessen ganz ausfallen.

Das Mittagessen ist Pflicht. Ansonsten fällt der Körper in einen Sparmodus und sorgt dafür, dass das Fett der nächsten Mahlzeit eingelagert wird. Außerdem bekommt man mit leerem Magen bei der Arbeit schnell Konzentrationsschwierigkeiten - und später Hungerattacken. Das endet dann darin, dass man sich auf dem Nachhauseweg am Bahnhof ein fettiges Pizzateilchen holt.

Geht nachmittags ein Snack zwischendurch?

Natürlich! Da rate ich wieder zum Griff in die Rohkostbox und zu einer Handvoll Nüsse oder Kerne. Das macht am meisten satt, ohne dass der Blutzuckerspiegel in die Höhe schießt.

Kein Schokoriegel gegen das Tief?

Besser ist es, gleich nach dem Mittagessen etwas Süßes zu genießen. Da hat der Körper schon viel Eiweiß, Fett und Ballaststoffe zu sich genommen, sodass der Blutzucker nicht so in die Höhe schießt. Wenn man sich nachmittags unterzuckert fühlt, sollte man einmal das Treppenhaus hochlaufen. Dadurch bringt sich der Körper von selbst wieder in einen normalen Blutzuckerbereich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: