Süddeutsche Zeitung

Erlebnisse am Arbeitsplatz:Neuer Job, neuer Wahnsinn

Lesezeit: 2 min

Das Computersystem schickt eine Fehlermeldung nach der anderen, der Kollege macht unverständliche Witze und der Chef ist nicht zu erreichen: Wer einen neuen Job antritt, braucht Zeit um sich zurechtzufinden - und muss dabei so manch seltsame Situation überstehen.

Von Pia Ratzesberger

Wenn der erste Tag am neuen Arbeitsplatz bevorsteht, ist das ein bisschen wie früher in der Schule: Zu Schuljahresbeginn werden Neuzugänge von den Mitschülern zunächst einmal kritisch beäugt. Erst nach bestandenen Mutproben oder dem gemeinsamen Schulausflug wird die oder der "Neue" in die Klassengemeinschaft aufgenommen. Manche allerdings auch nie. In Unternehmen läuft es ähnlich, auch hier haben es neue Mitarbeiter am Anfang oft schwer. Wir haben Leser von Süddeutsche.de befragt, welche Erlebnisse im neuen Job ihnen im Gedächtnis geblieben sind.

Kein Interesse

Eigentlich wäre zu erwarten, dass jemand Neues im Team bei den bisherigen Mitarbeitern Neugier weckt. Doch von wegen: Viele wollen lieber ihrem gewohnten Alltagstrott folgen als sich mit den neuen Kollegen auseinanderzusetzen - und sagen deswegen einfach gar nichts. In einem Projektbüro grüßte der Kollege lediglich mit einem kurzen "Guten Morgen" und verstummte dann sofort, erzählt ein Leser. Nachfragen wehrte der nicht besonders kollegiale Mitarbeiter lediglich mit einem harschen "Du, ich habe jetzt keine Zeit" ab. Nicht nur an einem Tag, sondern jeden Tag, drei Monate lang. Dann reichte der wortkarge Mitarbeiter seine Kündigung ein - zur Erleichterung des gesamten Teams. Andere gehen beim Kennenlernen der Neuen ebenso barsch wie pragmatisch vor. Ein Leser bekam nach der Vorstellung von einem Kollegen gesagt: "Deinen Namen merke ich mir erst nach sechs Monaten."

Missverstanden

Je weniger man Firma und Kollegen kennt, desto wahrscheinlicher sind Missverständnisse und Fauxpas - zum Beispiel, Vorgesetzte mit dem falschen Namen anzusprechen oder sich in der Konferenz versehentlich auf den Stuhl des Chefs zu setzen: "Ich war überpünktlich, setzte mich und harrte der Dinge", schreibt ein Leser. "Nach dem fünften Kollegen, der mich mit einem befremdeten Gesichtsausdruck anschaute, fragte ich nach." Für einen anderen kehrten sich nett gemeinte Glückwünsche ins Gegenteil. Im Unternehmen war bekannt, dass eine der Kolleginnen schwanger war und bald in Mutterschutz gehen würde. Prompt gratulierte der Neue der angeblich werdenden Mutter am Arbeitsplatz nebenan - leider erwartete diese Kollegin aber kein Kind. Sondern war nur etwas beleibter.

Chefsache

Beim neuen Vorgesetzten gut anzukommen, ist vielen besonders in der Anfangszeit wichtig. Ein Nachmittagsbetreuer traf den Schuldirektor das erste Mal in einem recht ungünstigen Moment: Als eine seiner Schülerinnen aus der Betreuung sich gerade in einen Papierkorb übergab. Ein anderer Leser bekam erst gar nicht die Gelegenheit, sich dem neuen Chef ausführlich vorzustellen. Als er in dessen Büro ging, um nach Computer und Telefon für den künftigen - und momentan noch komplett leeren - Schreibtisch zu fragen, drückte der Vorgesetzte ihm nur kommentarlos eine Kreditkarte in die Hand.

Überflüssig

Neue Stellen werden nach Bedarf geschaffen - glaubt man zumindest. Denn ein Leser erzählt, wie er von seinem Kollegen begrüßt wurde: "Ich weiß zwar nicht, warum Sie bei uns gebraucht werden. Aber Sie können das sicher gleich selbst in der Konferenz erklären." Oft sind solche Sätze auch ein Mittel langjähriger Mitarbeiter, um den Neuen - eine mögliche Konkurrenz - einzuschüchtern. Ein anderer Leser schreibt, wie ihn direkt nach der Konferenz zwei Mitarbeiter zur Seite nahmen und sagten: "Es war ein Fehler, dich einzustellen. Du wirst hier nichts zustande bringen." Ein halbes Jahr später war der neu Eingestellte dagegen noch immer in der Abteilung. Seine missgünstigen Kollegen aber nicht mehr.

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