Entwicklung einer Weltsprache:Stirbt Englisch aus?

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Die weltumspannende Sprache der Gegenwart heißt Englisch. In vielen Berufen und im Studium ist sie unverzichtbar, die Popkultur ist fest in ihrer Hand. Ein Ende der Dominanz ist nicht in Sicht - doch das dachte man vor 600 Jahren über das Lateinische.

Marius Meyer

Im Zuge der Globalisierung und der zunehmenden Technisierung hat sich Englisch überall durchgesetzt. Es gibt kaum einen Winkel auf der Erde, in dem man niemanden findet, der diese Sprache spricht.

Etwa 600.000 Einträge enthält das "Oxford Dictionary" - andere Forscher meinen, dass 15.000 Wörter ausreichen würden (Foto: Foto: Oxford University Press)

Manche Linguisten meinen, dass Englisch niemals als führende Sprache abgelöst werden wird. Andere führen hingegen ein historisches Beispiel an: Latein.

"Wenn man es aus der Sicht des Europas des 15. Jahrhunderts betrachtet, scheint die Zukunft des Lateinischen sehr hell", sagt Nicholas Ostler der International Herald Tribune. Er beschreibt in seinem Buch "Empire of the Word" die Geschichte der lateinischen Sprache.

"Wenn man es aus der Sicht der Welt des 20. Jahrhundert betrachtet, scheint die Zukunft des Englischen ziemlich hell," fährt Ostler fort. Will sagen: Englisch könnte aussterben - wie einst das römische Vorbild.

Ohne Präzedenzfall

Andere Wissenschaftler widersprechen. David Crystel, Autor des Buches "English as a Global Language", glaubt, dass die Vergangenheit nicht länger als Vergleich taugt. Der Grund: die Welt hat sich zu sehr verändert.

"Es ist das erste Mal, dass es eine Sprache gibt, die wirklich in jedem Land der Welt gesprochen wird, sagte er der International Herald Tribune. "Es gibt keine Präzedenzfälle, die uns helfen könnten, zu sehen, was passieren wird."

Es wird vermutet, dass ein Fünftel der Weltbevölkerung mehr oder weniger gut auf Englisch kommunizieren kann. In fast allen Bereichen wird es inzwischen verwendet - egal ob es um die internationalen Geldmärkte, den Luftverkehr oder gar den islamischen Dschihad geht.

Dort kommt es zur Anwendung, weil nur ein Bruchteil der Muslime Arabisch spricht. Arabisch ist zwar auch eine Weltsprache, wenn aber ein saudischer Islamist mit einem pakistanischen Extremisten spricht, dessen Muttersprache Urdu ist, greifen die beiden meist auf Englisch zurück. Gerade dass selbst die erbittertsten Feinde Amerika nicht ohne dessen Sprache auskommen, zeigt wie wichtig Englisch ist.

In der Diplomatie hat Englisch das Französische als Lingua Franca beinahe vollständig verdrängt. Und die vorherrschende Stellung des Englischen wird durch das Internet weiter konsolidiert.

Do you speak "Spanglish"? Or "Singlish"?

Es gibt zwar mehr Menschen, die als Muttersprache Chinesisch, Spanisch oder Hindi sprechen, aber viele von ihnen nutzen Englisch, um Sprachbarrieren zu überwinden. Sie werden so zu Bürgern einer immer stärker verflochtenen Welt. In manchen europäischen Firmen wird nur Englisch gesprochen, obwohl sie beispielsweise in Deutschland beheimatet sind oder in Schweden.

Aber während Englisch sich immer weiter verbreitet, wird es immer stärker fragmentiert. Es entstehen mehrere "Englische". Nördlich und südliche der Grenze zwischen den USA und Mexiko wird "Spanglish" gesprochen, ein Mix aus Spanisch und Englisch, in Singapur "Singlish".

Eine Spanglish-Übersetzung von "Don Quixote" liegt bereits vor, genau wie Shakespeare-Werke in das englisch-stämmige Kauderwelsch übertragen wurden, das in Papua-Neuguinea gesprochen wird.

Auf den Philippinen wird "Taglish" benutzt - sogar in Nachrichtensendungen. Diese Sprache mischt Englisch mit Tagalog und einigen Spritzern Spanisch.

Es sein ein nie gesehenes Phänomen, so Crystal, dass Englisch von drei Mal so vielen Nicht-Muttersprachlern gesprochen wird als von Muttersprachlern. Alleine in Asien sprechen mit etwa 350 Millionen etwa genauso viele Menschen Englisch wie in den USA, dem Vereinigten Königreich und in Kanada zusammen.

So wurde vor zwei Jahren mit dem Chinesen Jun Liu erstmals ein Nichtmuttersprachler zum Vorsitzenden der "Teachers of English to Speakers of Other Languages" (Tesol) gewählt.

Let's make the language easier

So entstehen bereits Forderungen, die Sprache zu vereinfachen. Jean-Paul Nerrière, Franzose und ehemaliger Vizepräsident von IBM USA, fordete in der International Herald Tribune, die Zahl der Wörter zu verringern.

Er selbst hat eine eigene Variante des "Globish" entworfen, die mit lediglich 15.000 einfachen Wörtern auskommt. Zum Vergleich: Das Wörterbuch "Oxford English Dictionary" beinhaltet über 600.000 Einträge.

"Wir sind die Mehrheit," sagt Nerrière und meint damit die Menschen, die Englisch nicht als Muttersprache sprechen. "Unsere Art zu sprechen sollte die offizielle Art sein, Englisch zu sprechen."

Vielleicht ist aber eine Lingua Franca in Zukunft gar nicht mehr nötig. Übersetzungsmaschinen könnten diese Aufgabe übernehmen. Das meint zumindest Wissenschaftler Ostler. Der technische Fortschritt, der dem Englischen half, seine weltbeherrschende Stellung zu erlangen, könnte auch den Fall herbeiführen.

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