Englischkurse in aller Welt:Auf ins Sprachabenteuer

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Es muss ja nicht unbedingt London sein. Englisch lernen kann man nicht nur in Großbritannien, sondern auch während einer Fernreise, zum Beispiel in Australien: Das Foto zeigt Kings Canyon im Watarrka National Park im Northern Territory.

(Foto: Imago)

Vor dem Studium, danach oder während der Berufstätigkeit: Das eigene Englisch zu verbessern, lohnt sich immer. Wenn man dafür ins Ausland reist, hat das noch mehr Vorteile.

Von Verena Wolff

Wenn es eine Weltsprache gibt, dann ist das derzeit wohl noch immer Englisch. Wenngleich die Sprache nur an dritter Stelle bei der Anzahl der Muttersprachler steht, wie eine aktuelle Auswertung von Ethnologue.com ergeben hat. Betrieben wird das Portal von der in Texas, USA, ansässigen Nichtregierungsorganisation SIL International. 379 Millionen Menschen lernen Englisch als erste Sprache, deutlich mehr sprechen zuerst Spanisch (460 Millionen) und noch viel mehr Menschen Mandarin (1,3 Milliarden). Doch als Zweit- oder Drittsprache ist Englisch für die meisten der gemeinsame Nenner. Laut British Council können sich ungefähr 1,75 Milliarden Menschen auf der Welt auf Englisch unterhalten, bis 2020 sollen es zwei Milliarden sein.

Ideal für die Englischkompetenz ist es, wenn Sprachschüler in einer Gastfamilie leben

Zwar ist das Schulenglisch der Deutschen in aller Regel gut, doch es gibt noch Luft nach oben. Daher bietet es sich auch für Studierende an, vor dem Studium, nach dem Bachelor oder in den Semesterferien für eine Weile in ein englischsprachiges Land zu gehen und seine Kenntnisse zu vertiefen. Eine andere Möglichkeit: Berufstätige nehmen Bildungsurlaub, um in dieser Zeit ihre Sprachkompetenz zu verbessern. Doch wohin zum Englischlernen? Wenn ein Erwachsener sich zum Sprachkurs anmeldet, darf es gern in einer schönen Stadt sein, insbesondere dann, wenn man an den Bildungsurlaub zusätzlich Urlaubstage dranhängt. Aber Edinburgh? Heftiger Akzent. Dublin? Kein "th". USA? Je weiter südlich, umso breiter wird der Dialekt. Von Australien und Neuseeland mal ganz zu schweigen. Wohin also, damit es möglichst verständlich wird, das zu lernende Umgangsenglisch?

"Von dem Gedanken, dass man Queen's English lernt, kann man sich ohnehin gleich verabschieden", sagt Roland Becker. Das klingt bei Ausländern auch meist merkwürdig, sagt der Deutsche, der in Edinburgh die Sprachschule Inlingua betreibt. Nach etwa sechs Monaten im Land nehmen Schüler die Aussprache der Region an, in der sie leben. "Sonst hält man sich meist an den Dialekt, den einem der Englischlehrer in der Schule mitgegeben hat."

Viel wichtiger als der Dialekt oder die Ausprägung des Englischen ist das komplette Eintauchen in die Umgebung - am besten inklusive Gastfamilie. "Das ganze Leben wird dann zu einer Sprachschule", sagt Becker. Denn man muss nicht nur Small Talk und vielleicht Fachsprache lernen, sondern auch zahlreiche Vokabeln, die man im täglichen Leben braucht - vom Waschbecken über den Topf und die Schere bis hin zu den Schuhbändern. "Und wenn ich in einer Gastfamilie oder einer Sprachschüler-WG bin, in der die gemeinsame Sprache Englisch ist, dann muss ich fragen und lerne das auch schnell."

Am Anfang allerdings kann das recht hart sein - egal, wo man ist, sagt Britta Hufeisen. Sie ist die Leiterin des Sprachenzentrums an der Technischen Universität in Darmstadt und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Spracherwerb. "Aber es hilft nichts: Man muss sich ins eiskalte Sprachbad legen und nicht nach 48 Stunden den Fluchtimpulsen nachgeben." Denn es werde besser, und zwar ziemlich schnell. "Viele sind erschrocken, weil alles neu ist, nicht nur die Sprache", sagt Becker. Umso leichter tut man sich aber, wenn man sich eine eher kleine Stadt sucht, in der die Wege nicht so lang sind und wo man mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch kommen kann.

Das große Problem sei, sagt Britta Hufeisen, dass gesprochene und geschriebene Sprache nur recht wenig miteinander zu tun hätten - zumindest in alltäglichen Situationen. "Es gibt eine geschriebene Standardsprache und gesprochene Alltagssprachen", erläutert sie. Die normale Sprechgeschwindigkeit und die fehlende Segmentierung der Wörter bereiten Lernenden oft die größten Schwierigkeiten: "Darum kommt man am Anfang so schwer mit, wenn sich Muttersprachler unterhalten." Lauter werden hilft jedoch nicht. "Wenn man einem Lernenden helfen will, nutzt nur klare, recht langsame Sprache und eine deutliche Aussprache", sagt sie.

Allerdings ist gerade der kulturelle Kontext, den man bei einer Reise mitserviert bekommt, ein wichtiger Teil des Spracherwerbs. Denn die Sprache steht nicht autark da, sondern sie funktioniert in den verschiedenen Ländern auch unterschiedlich. Daher sei es sinnvoll, in das Land zu gehen, das einen am meisten interessiert - auch perspektivisch für den Job oder ein Master-Studium.

"Ob man jetzt Queen's English oder einen Dialekt spricht, ist letztlich fast nebensächlich - die meisten Diskurse finden ohnehin zwischen Nicht-Muttersprachlern statt", sagt Hufeisen. Wichtig sei dabei nur, dass man sich trotzdem verstehe. "Eine echte Lingua Franca ist das Englische nicht." Eher sei es ein Mischwerk aller Beteiligten. Zudem ist die Sprache ein sehr lebendiges Gebilde, sagt Sprachschulleiter Becker. "Inzwischen sind auch in Großbritannien Wendungen in Ordnung, über die man noch vor zehn Jahren die Nase gerümpft hat."

Ein bisschen vorbereiten sollten sich die Teilnehmer allerdings schon, ehe sie sich auf das Abenteuer Sprachreise einlassen. "Sie müssen noch keinen hohen Level haben, aber etwas besser als im Überlebensmodus sein", sagt Hufeisen und meint damit A 1. Das ist die erste Wissensstufe bei Sprachkursen. "Wenn ich eine Sprache ganz neu lerne, kann es funktionieren. Unter dem Level B1 ist es aber nicht sehr zielführend." Zudem hängt es stark von der Motivation des Einzelnen ab, wie erfolgreich der Kurs letztlich ist. Mit Talent oder mit dem Alter habe das Sprachenlernen wenig zu tun. Eher komme es neben der Motivation darauf an, welcher Lerntyp man ist und wie man sich die Lektionen am besten merken kann. "Als Erwachsener hilft es, wenn ich eine Lernstrategie habe, die für mich funktioniert." Sie rät zudem, nicht allein auf die nächste Gehaltserhöhung zu schielen, nachdem der Kurs absolviert ist.

Auf alle Fälle sollte man sich genügend Zeit nehmen, in die Sprache einzutauchen. Zwei Wochen sollten es mindestens sein, die meisten Kurse haben 15 bis 20 Wochenstunden in einer Schule und weitere Aktivitäten drumherum. Mehr Zeit im Gastland ist besser, eine Woche ist ein bisschen sehr kurz. "Die allermeisten Schüler, die nach sieben Tagen wieder nach Hause fliegen, sind vor allem traurig", sagt Sprachlehrer Becker. Denn: "Je länger ich da bin, umso mehr kann ich reden - und um so sicherer werde ich." Zu einem richtigen Bildungsurlaub gehört auch dazu, möglichst viel über Land und Leute zu erfahren.

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