Wenn Politiker als Volksvertreter auch für die Fremdsprachenkenntnisse der breiten Bevölkerung stehen, dann: Good Night! Dieser Gedanke drängt sich zumindest auf, wenn man den früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten und jetzigen EU-Kommissar Günther Oettinger Englisch sprechen hört. Selbstbewusst bellt er auf Schwenglisch, einer Mischung aus seinem schwäbischen Mutterdialekt und Englisch, in die Mikrofone.
Doch glücklicherweise gehört der CDU-Politiker linguistisch einer Randpartei an. Die Lage der Sprachnation Deutschland ist weit weniger ernst. Bei einer Vergleichsstudie von Education First (EF), dem nach eigenen Angaben weltweit größten Anbieter von Sprachunterricht und Sprachreisen, landete die Bundesrepublik jetzt auf Rang 14 von 60 getesteten Staaten. Auf den ersten Blick kein so schlechtes Ergebnis.
Für den "English Proficiency Index" (EPI) wurden die Ergebnisse von 750.000 Personen ausgewertet, die sich im vergangenen Jahr dem Englisch-Test des privaten Bildungsinstituts unterzogen hatten. Deutschland kommt hier auf einen Wert von 58,47 Punkten, was EF zufolge "guten Kenntnissen" der englischen Sprache entspricht und eine leichte Verbesserung (plus 1,83 Punkte) im Vergleich zum vorangegangenen Erhebungszeitraum (2009 bis 2011) bedeutet.
Fünf Plätze verloren
Allerdings hat Deutschland gleichzeitig fünf Plätze im Ranking eingebüßt - denn in vielen Ländern haben sich die Englisch-Kenntnisse sehr viel deutlicher verbessert. Darunter sind nicht nur Staaten, die einen großen Nachholbedarf haben, wie beispielsweise Kasachstan (Rang 57). Auch Spitzenreiter Schweden konnte sein ohnehin schon hohes Englisch-Niveau weiter steigern.
So scheint Platz 14 bei genauerem Hinsehen doch Grund zur Sorge zu geben: Denn im innereuropäischen Vergleich ist Deutschland nur noch im Mittelfeld - und droht von weiteren Staaten überholt zu werden. Denn dass gute Englisch-Kenntnisse auf einem internationalisierten Arbeitsmarkt eine Schlüsselqualifikation sind, haben nicht nur traditionell bildungsstarke Länder wie Finnland (Platz sieben) und die Niederlande (Platz drei) erkannt. In der Top Ten sind mit Estland (Platz vier) und Polen (Platz acht) auch zwei osteuropäische Länder mit einem starken Wirtschaftswachstum.
Doch nicht nur dort, wo international ausgerichtete Arbeitsplätze entstehen, bemühen sich Arbeitnehmer um gute Englisch-Kenntnisse. Ein interessantes Ergebnis des Reports ist auch: Mit Spanien und Portugal sind zwei Krisenländer unter den "Trending up"-Ländern. Wenn es in der Heimat keine freien Stellen gibt, so scheint es, werden Arbeitsplätze im Ausland interessanter - und damit eben auch gute Englisch-Kenntnisse wichtiger.
Die Deutschen hingegen seien mit ihrem Englisch zufrieden, schreiben die Autoren der Studie. Vielleicht auch - so zumindest eine Lesart der aktuellen Ergebnisse - weil die Jobsituation hierzulande nicht so prekär ist wie in anderen europäischen Ländern.
Top Ten
1. Schweden
2. Norwegen
3. Niederlande
4. Estland
5. Dänemark
6. Österreich
7. Finnland
8. Polen
9. Ungarn
10. Slowenien