Süddeutsche Zeitung

Elite in Bayern:Die Guten ins Töpfchen

Für die besten Studenten gibt's an Bayerns Unis bald zusätzliche Studienangebote. Nur Bamberg und Passau bekommen kein Geld für die Elite-Förderung: "Exzellenz wird wesentlich über gesellschaftliche Rentabilität definiert", klagt der Bamberger Uni-Rektor.

Von Christine Burtscheidt

Bamberg Godehard Ruppert liebt das klare Wort. Sich zu verbiegen liegt dem Bamberger Uni-Rektor nicht. Der CSU wirft er bei der fach- und hochschulübergreifenden Eliteförderung "Populismus" vor. Wie alle neun staatlichen Universitäten hatten sich auch die Bamberger beworben. Doch konnten sie mit ihren zwei Anträgen für Doktorandenkollegs nicht punkten. Ruppert führt das auf deren geisteswissenschaftliche Ausrichtung zurück: "Exzellenz wird wesentlich über gesellschaftliche Rentabilität definiert."

Eine Woche nach der Bekanntgabe der ersten Elite-Einrichtungen an Bayerns Universitäten lecken sich die Unterlegenen die Wunden. Wie Bamberg ist auch Passau nicht dabei, und Würzburg darf zwar mitmischen, allerdings nicht federführend. "Die sind nicht besser davongekommen als wir", meint Ruppert. Entscheidend sei doch, wo der Studiengang etabliert werde. Unangefochtener Sieger ist München. Dort gelang es den beiden Universitäten in neun von 15 Projekten die Sprecherrolle zu übernehmen. Dem Theologen Ruppert fällt dazu ein Bibelzitat ein: "Wer hat, dem wird gegeben."

Nur für die Allerbesten

München ist vergleichsweise gut ausgestattet. Daran gibt es nichts zu deuteln. Schon deshalb setzte es sich bei der Mehrzahl der Projekte durch, die vor allem an die Natur- und Ingenieurwissenschaften gingen. Zu den fünf Gewinnern bei den Elitestudiengängen zählt "TopMath" an der TU (Partner sind Augsburg und LMU München). Das Angebot soll zehn Mathematik-Studenten pro Jahrgang in kürzerer Zeit zur Promotion bringen. Zusätzlich zum Studium müssen sie Angebote durchlaufen. Nur die Allerbesten will man zulassen. Vorgesehen ist ein zweimaliges Auswahlverfahren, nach dem Vordiplom und dem Bachelor. Wer Erfolg hat, kann sich bester Betreuung erfreuen.

Ähnlich, nur interdisziplinärer, verfahren die übrigen Eliteprogramme. Der englischsprachige Studiengang "Advanced Materials Science" an der TU (Partner: Augsburg und LMU) baut ebenfalls auf dem Bachelor auf. Studenten der Chemie, Physik, Material- und Ingenieurwissenschaften widmen sich Problemen der Materialforschung. Der zweijährige Aufbaustudiengang "Neuro-cognitive Psychology" an der LMU (Partner: TU, Regensburg und Würzburg) will 20 Studenten auf "internationales Spitzenniveau" in der Hirnforschung führen.

In den Ingenieurwissenschaften darf die TU (Partner: Erlangen) eine "Bavarian Graduate School of Computational Engineering" einrichten - zum besseren Einblick in die Simulation naturwissenschaftlicher und technischer Prozesse. "Technology Management", ebenfalls an der TU (Partner: LMU), zielt auf den Wissenstransfer technologischer Errungenschaften in die Praxis. In den Geisteswissenschaften leitet die LMU die "Osteuropa-Studien" (Partner: Erlangen und Regensburg), wo Studenten umfassend Entwicklungen im Osten analysieren sollen.

Weltweit mithalten können

Auch in der Graduiertenförderung ist München stark. Drei von fünf Doktoranden-Projekten leitet die LMU. Naturwissenschaftler erörtern Struktur und Dynamik des Erdinneren und deren Abweichungen wie Erdbeben (Partner: TU). "Nano-Bio-Technology" will modernste Entwicklungen der Physik, Chemie, Biologie und Medizin bündeln (Partner: Augsburg, Bayreuth, Max-Planck). Und "Textualität der Vormoderne" beschäftigt sich mit Texten von der Antike bis zur frühen Neuzeit (Partner:E rlangen, Regensburg, Würzburg, Eichstätt).

Die weiteren Graduiertenkollegs gingen federführend an die Universität Bayreuth. Sie sind ebenfalls in den Naturwissenschaften angesiedelt und diskutieren "Struktur, Reaktivität und Eigenschaften oxidischer Materialien" - also wichtiger Substanzen in der unbelebten Natur - sowie "Leitstrukturen der Zellfunktion" (Partner: Erlangen und Würzburg). Deutsche und ausländische Nachwuchswissenschaftler sollen gewonnen werden, um etwa beim weltweiten Wettlauf um die Entwicklung neuer Krebs- oder HIV-Therapien mithalten zu können. An Bayreuth ging auch der Elitestudiengang "Macromolecular Science", in dem sich Absolventen der Chemie oder Physik Zusatzkenntnisse erwerben können.

Dass Bayreuth so gut abschnitt, führen die Konkurrenten auf das starke naturwissenschaftliche Profil der dortigen Hochschule zurück. Dennoch gelang auch drei weiteren bayerische Universitäten der Sprung in das Eliteförderprogramm: Regensburg überzeugte mit einem bereits seit einem Jahr bestehenden "Honors"-Programm in Wirtschaftswissenschaften (Partner: LMU). Augsburg setzte sich mit dem Studiengang "Financial Management, Information and Information Technology" durch (Partner: TU und Uni Erlangen) und Erlangen mit einem Hochbegabten-Angebot in Physik, das wie die Münchner Mathematiker Absolventen schneller zur Promotion bringen will (Partner: Regensburg).

Dennoch haben sich alle Hochschulen außerhalb Münchens mehr erwartet. Erlangen etwa war bis zur Endauswahl mit drei Projekten federführend dabei, doch blieb davon nur eines übrig. "Man muss sich eben dem Wettbewerb stellen", sagt Rektor Karl-Dieter Grüske. Das sieht so auch der Chef der Auswahlkommission, DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker: "Es ging nicht um Regionalförderung, sondern um Eliteförderung." Vorgaben von Seiten der Politik, welcher Art auch immer, soll es nicht gegeben haben.

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Quelle:
SZ vom 16.3.2004
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