Einkommen:Geld hat ein Geschlecht

Eine Studie belegt, dass Frauen schon beim Berufseinstieg weniger verdienen als Männer.

Jutta Pilgram

(SZ vom 11.1.2003) Frauen leisten zwei Drittel der Arbeit, verdienen ein Zehntel des globalen Einkommens und besitzen ein Prozent an Grund und Boden. So lautete die griffige Formel, die Feministinnen und Gewerkschafter jahrzehntelang auf die Barrikaden trieb und nach Chancengleichheit in der Arbeitswelt rufen ließ. Aber stimmt es auch heute noch, dass Frauen weniger verdienen als Männer? Oder sind sie einfach nur ungeschickter bei Gehaltsverhandlungen? Und seltener bereit, verantwortungsvolle Posten zu übernehmen? Oder wählen sie nach wie vor grundsätzlich die schlechter bezahlten Berufe?

Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat untersucht, wie sich die Einkommen von Männern und Frauen in den neunziger Jahren entwickelt haben.

Datengrundlage war die Beschäftigungsdatei der Bundesanstalt für Arbeit aus den Jahren 1980 bis 1997. Dabei haben sich die Forscher auf vollzeitbeschäftigte Männer und Frauen beschränkt, die gerade ihre betriebliche Berufsausbildung abgeschlossen haben. Die Einkommen wurden also zu einem Zeitpunkt verglichen, an dem noch nicht viele Gehaltsverhandlungen geführt worden sind und Karrieredämpfer wie die Familiengründung noch keine große Rolle spielen.

Das Ergebnis: Auch 1997 verdienten Männer bereits im ersten Berufsjahr mehr als Frauen. Im Westen hatten sie mit 3593 Mark monatlich ein um durchschnittlich 571 Mark höheres Bruttoeinkommen als Frauen mit derselben Ausbildung. Im Osten fiel die Differenz mit 278 Mark etwas geringer aus. Im Vergleich zu 1980 waren die Einkommensunterschiede zwar leicht rückläufig, doch immer noch erzielte eine Berufsanfängerin im Schnitt lediglich 84 Prozent des Gehalts ihres männlichen Kollegen.

Nur ein Lichtblick

Vor allem in den typischen Frauenberufen wurde schlecht bezahlt, teilweise fand seit den achtziger Jahren sogar eine Abwertung statt.

Als Frauenberuf definieren die Forscher dabei Arbeitsbereiche, in denen mehr als 80 Prozent der Beschäftigten weiblich sind, beispielsweise Arzthelferin (99 Prozent), Floristin (96) oder Friseuse (95). Hier verdienen Frauen bereits beim Job-Start im Schnitt 1200 Mark weniger als Männer in typischen Männerberufen.

In den neunziger Jahren wählten immer weniger Frauen diese Jobs. Das bedeutete jedoch nicht, dass sich Männer zunehmend für typische Frauenberufe erwärmten.

In den traditionellen Männerberufen ließ sich fast durchgängig mehr Geld verdienen. Auch Frauen profitierten davon - allerdings längst nicht so sehr wie ihre männlichen Kollegen. So erhielten beispielsweise Molkereifachmänner im ersten Berufsjahr 4022 Mark, Molkereifachfrauen jedoch nur 2654 Mark. Tischlerinnen erzielten 90 Prozent, Kfz-Mechanikerinnen 91 Prozent und Malerinnen 96 Prozent des Männer-Einkommens.

Im übrigen entschieden sich Frauen zielsicher vor allem für Männerberufe, die auch in dieser Gruppe zu den schlechter bezahlten gehörten.

Einziger Lichtblick: Bei weniger traditionellen Berufen wie etwa Kommunikationselektronikern oder Physiklaboranten gab es keine geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede. Und als Gebäudereiniger konnten Frauen sogar zehn Prozent mehr verdienen als ihre Kollegen.

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