E-Mails nach Kündigung:"Warum tut ihr euch das an?"

Leise sollte das "Servus" sein: Ein Psychologe erklärt, wie Gekündigte einen Abschied per Mail angemessen formulieren - und was sie auf keinen Fall schreiben sollten.

C. Löwer

Wer beruflich neue Wege geht, sollte sich von Kollegen und Vorgesetzten freundlich verabschieden. Das gebietet die Höflichkeit. Außerdem stärkt es das persönliche Netzwerk - man sieht sich bekanntlich immer zweimal im Leben. Dabei ist es gleichgültig, ob man aus freien Stücken eine neue Herausforderung gesucht hat oder ob man in der Krise gekündigt wurde. Der Abschied muss nicht aufwendig sein. Eine E-Mail reicht vollkommen aus. Wie man diese gekonnt formuliert, weiß der Hamburger Psychologe und Personalberater Claus Peter Müller-Thurau.

SZ: Sollte man sich überhaupt per Mail aus dem Job verabschieden?

Müller-Thurau: Im globalen Dorf ist das angemessen. Allerdings warne ich vor Gleichmacherei. Man sollte sich vorher reiflich überlegen, bei wem man sich persönlich verabschieden sollte und wer einen Mailabschied völlig okay findet.

SZ: Und dann gilt: Alle auf CC setzen und ab geht die Post?

Müller-Thurau: Lieber nicht! Der Verteiler ist durchaus politisch zu sehen. Schließlich wird immer zuerst geschaut, an wen die Mail auerßdem noch ging. Und in welcher Reihenfolge. Am besten, die Empfänger werden in der Adresszeile alphabetisch geordnet.

SZ: Auf was kommt es noch an?

Müller-Thurau: Man sollte darüber nachdenken, wer sich nicht in wessen Gesellschaft sehen möchte. Vorsicht ist etwa bei E-Mail-Adressen wie "schluckspecht@" geboten - in einer solchen Reihe findet sich nicht jeder gern wieder, vor allem Vorgesetzte nicht. Außerdem sollte man Beruf und Privatleben trennen, sonst kann man nicht adressatengerecht formulieren beziehungsweise den richtigen Ton treffen. Massenmailings werden oft als unhöflich aufgefasst.

SZ: Zu den Inhalten: Kann die Mail auch das Medium der Abrechnung sein?

Müller-Thurau: Auf keinen Fall, egal, was gelaufen ist. Häme und Zynismus kommen gar nicht gut an. Ich selber habe schon solche Sätze gelesen: "Habe diesen Job schon viel zu lange gemacht." Oder: "Eine lange Betriebszugehörigkeit ist der sichere Weg in die Verblödung." Und: "Warum tut Ihr Euch das noch an?" So etwas geht gar nicht. Selbst ein flockiges "Habe endlich den Absprung geschafft. Wer wagt gewinnt!" trifft nicht den richtigen Ton.

SZ: Was gehört in die Abschiedsmail?

Müller-Thurau: Dank für die Zusammenarbeit und welchen Nutzen man davon hatte. Außerdem sollte man kurz sagen, was man im neuen Job macht beziehungsweise wohin einen die berufliche Reise führt. Bei persönlich gehaltenen individuellen Abschiedsmails kann man auf ein verbindendes Ereignis mit Kollegen eingehen, wie "Ich erinnere mich gern an unser gemeinsames Projekt zur Implementierung von SAP/R3."

SZ: Wozu raten Sie stilistisch?

Müller-Thurau: Vor allem sollte, was in Mails ja leider unüblich ist, auf korrekte Orthografie und Zeichensetzung geachtet werden. Motto: Wo keine Zeit ist, da ist auch keine Liebe. Ansonsten gilt: pragmatisch auf den Punkt schreiben, keinen Roman verfassen.

SZ: Sollte so viel Mühe auch sein, wenn man gefeuert worden ist?

Müller-Thurau: Einige positive Worte über den letzten Arbeitgeber sind nie verkehrt. Loyalität ist über das Anstellungsverhältnis hinaus geboten. Es empfiehlt sich wirklich nicht, Rachegelüste abzufeiern, wenn man etwa der Sozialauswahl zum Opfer gefallen ist.

SZ: Idealerweise verfasst man den Abschiedsgruß dann nicht im ersten Schock, nachdem die Kündigung gerade ausgesprochen wurde?

Müller-Thurau: Genau. Am besten, man schläft eine Nacht drüber, macht sich eine Tabelle, von wem man sich persönlich und von wem man sich kollektiv verabschieden möchte. Die mentale Einstimmung ist wichtig: Ein Abschied soll eine Brücke in die Zukunft bauen.

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