E-Learning-Fachbegriffe:Gesunder Mix

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Webinare eignen sich besonders gut für alle, die beruflich stark eingebunden sind. Oft werden sie in Blended-Learning-Angebote integriert.

(Foto: imago/Panthermedia)

Klassische Methoden der Wissensvermittlung kann man gut mit E-Learning verbinden. Ein Überblick zu verschiedenen Methoden des digitalen Lernens.

Von Christiane Bertelsmann

Egal, ob Hochschulstudium oder Weiterbildung neben dem Beruf: Ohne digitale Lerntechniken geht heute gar nichts mehr. Einige Entwicklungen und Möglichkeiten machen das Lernen leichter. "Der Lerner kann zwischen verschiedenen Modulen wählen. Wichtig ist ein intelligenter Mix", sagt Michael Lammersdorf, Geschäftsführer des Forums Distance Learning, dem Fachverband für Fernlernen und Fernmedien mit Sitz in Berlin. Inzwischen werden in der Praxis eine Vielzahl von Methoden angewendet, mit denen längst noch nicht jeder vertraut ist. Die SZ stellt eine Reihe von Lerntechniken vor und erklärt, was hinter den jeweiligen Begriffen und Akronymen steckt.

Blended Learning

Wer sich mit der Herstellung von Tee, Kaffee, Whiskey, Tabak oder Wein beschäftigt, weiß, dass der englische Begriff blend die Mischung oder den Verschnitt mehrerer Ausgangsbestandteile meint. Aufs Lernen übertragen versteht man unter Blended Learning die Kombination von Präsenzveranstaltungen und virtuellen Lernsettings. "In der E-Learning-Szene ist das der Oberbegriff für viele Methoden", erklärt Lammersdorf. "Um die Jahrtausendwende haben gerade die IT-Spezialisten geglaubt, dass es kein Papierlernen mehr geben wird, keine Präsenzveranstaltungen. Wir Fachleute wussten, dass das nicht der richtige Weg sein kann." Inzwischen gehe die Entwicklung zu kombinierten Methoden.

Blended Learning funktioniert auch in Großgruppen, etwa an Universitäten. "Wenn die Lerninhalte digital vermittelt werden, zum Beispiel per Videoaufzeichnung, Podcasts oder Ähnliches, können die Studierenden diese flexibel und den eigenen Bedürfnissen entsprechend abrufen - wann, wo, wie oft und in welchem Tempo sie wollen", sagt Anne Thillosen, Leiterin des E-Learning-Informations- und Qualifizierungsportals E-teaching.org des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM) in Tübingen.

Inverted Classroom

Gerade Universitäten oder Hochschulen nutzen häufig das Prinzip des Flipped beziehungsweise Inverted Classrooms. "Dabei werden die traditionellen Aktivitäten umgedreht", erläutert Pädagogin Thillosen, "die Studierenden eignen sich Inhalte selbständig an - meist mithilfe digitaler Materialien." Vertieft werden diese Inhalte dann in der Präsenzveranstaltung. Das funktioniert allerdings nur mit einer guten Aufbereitung der Themen und entsprechenden Arbeitsaufträgen. "Das reine Zur-Verfügung-Stellen reicht in der Regel nicht aus. Wichtig ist, dass die Präsenzveranstaltung anders aufgebaut wird als üblich. Interaktion und Austausch sollten hier im Vordergrund stehen", sagt Anne Thillosen. Michael Lammersdorf erklärt die Vorteile dieser Methode: "Das, was im herkömmlichen Unterricht oft zu kurz kommt, nämlich die Vertiefung, die Übung und die Auseinandersetzung der Lernenden mit den Inhalten, soll dort stattfinden, wo auch die Lehrenden sind."

Learning Management System

Ohne Learning Management System (LMS) kein E-Learning: Das Learning Management System ist die Schnittstelle zwischen Bildungsanbieter und den Menschen, die ihr Wissen erweitern wollen. Zu den Standard-LMS gehören etwa die großen Systeme wie Moodle oder ILIAS. Einige Fernkursanbieter und Hochschulen haben eigene Lernplattformen entwickelt. Ein LMS stellt Lerninhalte zur Verfügung - auch Filme oder andere Lernmaterialien. Man kann sich mit anderen Kommilitonen vernetzen, Kontakt zu seinem Lernbegleiter suchen und seine eigenen Fortschritte kontrollieren. "Viele LMS haben ein Learning Analytics Tool, mit dem Daten gesammelt und ausgewertet werden können," sagt E-Learning-Spezialist Lammersdorf.

Learning Analytics

Ziel des Datensammelns und -auswertens ist es, Studenten beim Lernen zu unterstützen und so den Lernprozess und -erfolg zu verbessern. "Durch die Auswertung von Daten soll die Wirksamkeit von Maßnahmen und Methoden im Voraus eingeschätzt werden können", heißt es auf der Website E-teaching.org. Michael Lammersdorf bringt es auf den Punkt: "Mithilfe von Big Data gewonnene Erkenntnisse lassen schon frühzeitig darauf schließen, dass jemand im Begriff ist, alles hinzuschmeißen." Er sieht deshalb einen wesentlichen Erfolgsfaktor dieser Art von Weiterbildung in einer intensiven Betreuung der Lernenden. "Ohne eine konzeptionell gut konstruierte Betreuung wird der Lernerfolg geringer", ist seine Erfahrung. Ob der Lernbetreuer das über SMS, E-Mail oder einen Anruf vornimmt, sei egal, wichtig sei eher: "Kümmert euch um die Lerner."

Massive Open Online Course

Eine Einzelbetreuung ist bei einem Massive Open Online Course (MOOC) oder einem Open Course nur selten garantiert. Denn an einem MOOC nehmen oft mehr als 100, manchmal sogar 1000 oder mehr Menschen teil. MOOCs kosten meisten nichts, auch Zulassungsvoraussetzungen gibt es keine. Anfangs ähnelten MOOCS häufig Aufzeichnungen von Frontalvorlesungen, inzwischen wird auch mit eigens erstellen Filmen gearbeitet; die Teilnehmer erhalten online weiterführendes Material.

Die MOOC-Begeisterung begann 2012 in den USA, an deutschen Universitäten tauchten die ersten Massive Open Online Courses um 2014 auf. "Seitdem hat es einen Hype gegeben, der dann abgeflaut ist und sich zurzeit wieder etwas konsolidiert - übrigens ganz typisch für solche Entwicklungen", sagt Anne Thillosen. "Mein Eindruck ist, dass mit dieser Form - wie mit allen digitalen Lernformaten - immer noch experimentiert wird: Welche Art der Videos bewähren sich? Wie lang sollten sie sein? Welche Darstellungsformen kommen gut an?" Inzwischen versuchen viele, mehr Interaktion zu ermöglichen, etwa durch Diskussionsforen mit Feedback-Möglichkeit.

Audience Response Systems

Gerade in der klassischen Vorlesungssituation - bei Präsenzveranstaltungen an der Universität oder auch bei längeren Vorträgen in großen Gruppen - lassen sich die Zuhörer oft ablenken oder verlieren den Anschluss. Umgekehrt fällt es den Lehrenden nicht immer leicht, das Vorwissen ihrer Zuhörer einzuschätzen. Elektronische Abstimmungssysteme können hier helfen - etwa so: Die Lehrperson stellt den Studierenden eine oder mehrere Fragen, meist Einfach- oder Mehrfachauswahlfragen. Mittels Smartphone oder über einen sogenannten Clicker - er ist vergleichbar mit einer Fernbedienung - übermitteln die Zuhörer ihre Antworten anonym an das Abstimmungssystem. Das erfasst die Ergebnisse, wertet sie aus und stellt sie auf dem Präsentationsrechner dar.

Die Vorteile: Dadurch, dass sie selbst immer wieder etwas tun müssen, folgen die Zuhörer der Vorlesung oder dem Vortrag aufmerksamer. Außerdem können die Studierenden die Ergebnisse gleich online einsehen. Aktive Parts wie eine kurze Diskussion unter den Hochschülern fördern außerdem die Zusammenarbeit der Zuhörer, die aus ihrer passiven Rezipienten-Rolle auf diese Weise herauskommen.

"Gerade bei Großveranstaltungen wird das ziemlich häufig so gehandhabt - übrigens nicht nur an Universitäten", sagt Wissenschaftlerin Anne Thillosen und zeigt einen weiteren Aspekt auf: "ARS können auch dazu dienen, Vorwissen abzufragen. So bekommen Lehrende eine Rückmeldung über den Kenntnisstand und die Perspektive der Studierenden." Mithilfe von Audience-Response-Systemen könne man bestimmte Lerndefizite erkennen und dann gezielt beheben. Über die jeweiligen Ergebnisse könnten die Sitznachbarn diskutieren, danach könne eine zweite Befragung sinnvoll sein.

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