Doktorarbeiten von Politikern:Systematisch gegen Plagiate

Guttenberg, Koch-Mehrin oder Chatzimarkakis - schon viele prominente Politiker sind über Plagiatsvorwürfe gestolpert. Deshalb will ein Professor jetzt Klarheit: Er möchte systematisch die Doktorarbeiten von Politikern untersuchen und eine zentrale Prüfstelle in Deutschland schaffen.

Mit Karl-Theodor zu Guttenberg hat alles angefangen: Seit klar ist, dass der Ex-Verteidigungsminister bei seiner Doktorarbeit abgeschrieben hat, scheint jede Woche ein anderer Politiker unter Plagiatsverdacht zu geraten.

Doktorarbeiten von Politikern: Professor Dr. Uwe Kamenz von der Fachhochschule Dortmund möchte Dissertationen von Politikern überprüfen.

Professor Dr. Uwe Kamenz von der Fachhochschule Dortmund möchte Dissertationen von Politikern überprüfen.

(Foto: PFU)

Jetzt will ein Professor von der Fachhochschule Dortmund für Klarheit im Plagiatsgewirr sorgen: Dr. Uwe Kamenz möchte die Doktorarbeiten von 1000 Politikern überprüfen und mit seinem Institut eine zentrale Prüfstelle schaffen.

Aber was ist die Motivation des BWL-Professors? "Die spektakulären Plagiatsfälle bei Politikern haben dem Image der Politik und der Hochschulen schwer geschadet", sagt Kamenz. Mit seiner Aktion wolle er der Politik einen Weg aufzeigen, um das Thema ein für alle Mal vom Tisch zu bringen.

Kamenz fordert die Politiker direkt heraus: Per E-Mail hat er bereits mehr als 300 dazu aufgefordert, ihre Doktorarbeit zur Verfügung zu stellen. Allerdings rechnet Kamenz damit, dass nur wenige Politiker mitmachen werden. Bislang haben sechs Doktoren ihre Dissertationen eingeschickt: Andreas Schockenhoff (CDU), Carsten Sieling (SPD), Holger Thärichen (SPD), Anja Weisgerber (CSU), Felicitas Tesch (SPD) und Friedbert Pflüger (CDU).

Aber: Wer sich der Anfrage verweigert, darf sich nicht sicher fühlen. Schließlich gibt es für Kamenz andere Wege, um an Doktorarbeiten zu kommen. Beispielsweise über Bibliotheken oder Geschichtsinstitute.

Von der Aktion erhofft sich Kamenz auch Unterstützung für sein Ziel: Plagiate in Deutschland auszurotten. Dafür will er eine zentrale Prüfstelle für alle Hochschulen in Deutschland schaffen. Das sei mit zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern und Fördermitteln des Bundes möglich, so Kamenz. Und er hat bereits Sponsoren: Für seine Politiker-Aktion hat Kamenz einen Hochleistungsscanner zur Verfügung gestellt bekommen.

Die Dissertationen der Politiker möchte Kamenz auch veröffentlichen und bis Mitte September ein Ranking erstellen: Je höher der Rang, umso größer die Plagiatswahrscheinlichkeit. Damit würde Kamenz ein Netzwerk aufbauen wie die Internetaktivisten von "VroniPlag" oder "GuttenPlag".

Woher kommen die Dissertationen?

Kamenz erhofft sich auch weitere Erkenntnisse: Schreiben Politiker öfter ab als andere Berufsgruppen? In welcher Partei gibt es die meisten Plagiate? Oder welcher Doktorvater prüft besonders ungenau?

Mit seinem Institut für Internet-Marketing prüft Kamenz bereits seit 1998 auf Plagiate. An Doktorarbeiten kommt das Institut normalerweise auf zwei Wegen: Zum einen sind Dissertationen elektronisch verfügbar - das ist aber eher die Ausnahme, weil die meisten Politiker vor dem Internetzeitalter promoviert haben. Zum anderen bezieht Kamenz Doktorarbeiten per Fernleihe, das ist allerdings teuer.

Auf der Homepage seines Instituts informiert Kamenz bereits heute über den Stand des Projekts. Die ersten Exemplare der Politker-Disertationen untersucht er bereits - ob er schließlich die Marke von 1000 schafft, wird sich zeigen.

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