Süddeutsche Zeitung

Disney-Absage auf Bewerbung:"Mädchen kommen nicht in Frage"

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Wer heutzutage auf eine Bewerbung eine Absage erhält, wird gerne mit ermutigenden Floskeln getröstet. Nicht so 1938: Auf die Job-Anfrage einer jungen Frau reagierte der Disney-Konzern mit einem kategorischen Nein. Aufgrund ihres Geschlechts.

Dem Bewerber wird im besten Fall Dank für sein Interesse am Unternehmen ausgesprochen. Seine Fähigkeiten werden gelobt. Und ihm wird ein ermutigender Satz mitgegeben: "Für Ihre weitere berufliche Zukunft wünschen wir Ihnen alles Gute." Ein Unternehmen, das etwas auf sich hält und auf Außenwirkung bedacht ist, wird Absagen auf Bewerbungen heutzutage so oder so ähnlich formulieren. Das ist gut fürs Image - und man will sich ja keine Klage wegen Diskriminierung einfangen.

Doch es gab Zeiten, in denen Political Correctness noch nicht zum guten Ton gehörte - und Firmen Absagen wie Ohrfeigen auslieferten. Diese Erfahrung musste im Juni 1938 die US-Amerikanerin Mary Ford machen. Die junge Frau aus dem Bundesstaat Arkansas hatte sich beim Zeichentrick-Konzern Walt Disney für ein Ausbildungsprogramm beworben und wurde rundheraus abgelehnt - wegen ihres Geschlechts.

In dem Antwortbrief, den das kanadische Kulturmagazin Aesthetic Magazine auf Twitter veröffentlichte, heißt es:

Liebes Fräulein Ford,

Ihr Schreiben jüngeren Datums ist in der Abteilung "Einfärben und Malen" eingegangen, mit der Bitte um Antwort.

Frauen erledigen keine kreativen Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufbereitung der Cartoons für die Leinwand, da diese Arbeit allein von jungen Männern durchgeführt wird. Daher kommen Mädchen für das Ausbildungsprogramm nicht in Frage.

Die Botschaft hinter diesen höflichen Worten ist klar: Phantasie hat in Frauenköpfen nichts verloren. Das damals gängige weibliche Ideal wird der Bewerberin dann auch gleich mitgeliefert - in Cartoon-Form: hübsch aussehen, nett lächeln und sich um das Wohl der männlichen Familienmitglieder kümmern. So wie es Schneewittchen auf dem Briefkopf vormacht.

Für den Fall, dass die junge Frau trotz dieser deutlichen Worte noch immer nicht verstanden haben sollte, dass es in der Traumfabrik keine Zukunft für sie gibt, werden die Verfasser noch einmal deutlich. Die einzige Arbeit für Frauen bei Disney sei das Übertragen und Ausmalen der Zeichentrick-Charaktere auf Zelluloid. Jedoch:

Es wäre nicht ratsam, mit dieser Vorstellung nach Hollywood zu kommen, da es wirklich sehr wenige freie Stellen gibt im Vergleich zur Anzahl der Mädchen, die sich bewerben.

Der Brief schließt mit einer Warnung, abermals in Cartoon-Form: Eine Frau, die nach Dingen strebt, die ihr nicht zustehen, endet wie Schneewittchens Gegenspielerin im Märchen - als hässliche alte Hexe.

Anm. der Redaktion: Das Aesthetic Magazine hat den entsprechenden Tweet wegen Urheberrechts-Fragen mittlerweile gelöscht. Wir haben uns daher entschieden, den Original-Brief auch nicht mehr abzubilden.

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