Diskussion um Reifeprüfung:Warum das Kernabitur keine Lösung ist

Im Kampf um den Studienplatz wird die bundesweite Vielfalt bei den Abiturprüfungen zum Problem. Experten schlagen daher ein Kernabitur vor, das für mehr Gerechtigkeit sorgen soll. Doch das neue System würde nur wenig verbessern, dafür aber gewaltigen Aufwand erfordern.

Tanjev Schultz

Das Abitur ist eine etablierte pädagogische Marke. Es gehört zu Deutschland wie die Bratwurst und das Brandenburger Tor. Doch eine bundesweit einheitliche Reifeprüfung gibt es nicht, jedes Bundesland hat eigene Regeln, und so war es immer schon.

G8-Abiturienten in Bayern starten mit Prüfungen

Ein "Abitur - Bitte Ruhe!"-Schild vor dem Eingang der Turnhalle  eines Gymnasiums in Straubing. Experten schlagen vor, ein Kernabitur in Deutschland einzuführen.

(Foto: dpa)

Im 19. Jahrhundert prüften die Schulen in Preußen anders als in Sachsen oder Baden. Mehr als ein Minimalkonsens ist historisch nie zustande gekommen. Im Kampf um einen Studienplatz wird diese föderale Vielfalt zum Problem. Denn von den Noten hängt ab, ob ein Bewerber den gewünschten Studiengang antreten kann.

Die Universitäten unterstellen, dass das Abitur überall gleich schwer ist. Das ist es aber nicht. Die Experten des "Aktionsrats Bildung" schlagen nun ein bundesweites Kernabitur in Deutsch, Mathematik und Englisch vor. Es soll die Reifeprüfung vergleichbarer und gerechter machen. Das mag gut klingen, macht die Sache aber sehr kompliziert.

Es würde einen zentralen Test geben, mit dem ein gewaltiger pädagogischer und administrativer Aufwand verbunden wäre. Dennoch würden daneben die herkömmlichen Prüfungen mit den Unterschieden zwischen den Ländern fortbestehen.

De facto wären die Abiturienten mit zwei völlig unterschiedlichen Prüfungsblöcken konfrontiert - und der Zugang zum Studium würde nur minimal gerechter werden. Der nationale Testtag soll nur über zehn Prozent der Abiturnote entscheiden. Statt ein ganz neues Abitur-Arrangement zu schaffen, sollten die Länder einen gemeinsamen Pool an Abituraufgaben bilden.

Jeder erinnert sich daran, wie aufreibend und fehlerhaft die Umstellung auf das achtjährige Gymnasium (G 8) war. Jede Reform des Abiturs muss jetzt sehr behutsam vorgehen.

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