Süddeutsche Zeitung

Diskriminierung von Frauen:Karriere ist Männersache

Sie studieren schneller und haben die besseren Noten. Trotzdem haben es Frauen beim Aufstieg im Job viel schwerer als Männer - denn Arbeitgeber pflegen noch immer altertümliche Vorurteile.

Karriere ist in Deutschland weiterhin Männersache. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung. Vor dem Frauentag am 8. März haben Forscher analysiert, warum es Frauen beim Aufstieg im Job noch immer schwerer haben als Männer.

Ein Ergebnis lautet: Es liegt wie schon vor 30 Jahren oft an den Klischees und Vorurteilen der Arbeitgeber - vor allem in privaten Unternehmen.

Bei Bewerbungen in der Privatwirtschaft hätten heute selbst Ingenieurinnen oder Naturwissenschaftlerinnen schlechtere Chancen als gleich qualifizierte Männer, kritisierte Alessandra Rusconi, Studienleiterin am WZB. "Frauen gelten dort als nicht so produktiv, weniger belastbar und weniger karriereorientiert."

Effektives Zeitmanagement

Aus wissenschaftlicher Sicht sind diese Einstellungen nicht zu halten. "An den Frauen liegt es nicht", berichtete Rusconi. "Sie studieren nicht nur schneller als Männer, sie haben auch die besseren Noten." Dennoch rechneten Unternehmen jungen Frauen bei Bewerbungen Negativ-Punkte durch mögliche Schwangerschaften und Fehlzeiten durch Kindererziehung an. Dabei haben Untersuchungen gezeigt, dass Mütter besondere Qualitäten haben - zum Beispiel beim effektiven Zeitmanagement.

"Erschreckend" nannte Rusconi die Karrierunterschiede von Männern und Frauen zwischen 30 und 49 Jahren. Männer seien viermal häufiger erwerbstätig als hochqualifizierte Frauen. Männer mit kleinen Kindern arbeiteten dabei sogar häufiger in der Privatwirtschaft als kinderlose Kollegen.

Lieber in den Öffentlichen Dienst

In naturwissenschaftlichen Hochschulfächern sind heute 40 Prozent der Absolventen Frauen, bei den Ingenieurstudiengängen inzwischen immerhin 20 Prozent. Doch viele Abiturientinnen lieben weiterhin weniger karriereförderliche Fächer wie Kunstgeschichte, Kulturwissenschaften, Germanistik sowie Lehramts- oder Pädagogikstudiengänge.

"Es ist die Frage, wie es zu diesen Vorlieben kommt", sagte Rusconi. Meist liege es daran, wie Mädchen in ihrer Familie oder in der Schule geprägt würden. "Da geht es um Ermutigung, aber auch um Entmutigung", ergänzte sie.

Die Studie zeigt auch, dass junge Akademikerinnen beim Sprung in die lukrativere Privatwirtschaft zögern und lieber den öffentlichen Dienst mit weniger Aufstiegschancen wählen. "Ich würde nicht sagen, dass Frauen weniger mutig sind als Männer", sagte Rusconi. Doch sie wissen oft schon um das Klima, das noch immer in vielen Unternehmen herrscht.

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dpa/bön
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