Süddeutsche Zeitung

Diskriminierung:Frauen mit Kopftuch müssen viermal so viele Bewerbungen schreiben

  • Laut einer Studie haben Frauen mit Kopftuch im Bewerbungsverfahren deutlich schlechtere Chancen.
  • Bei gleicher Qualifikation müssen sie viermal so viele Bewerbungen wie Frauen ohne Kopftuch verschicken, um zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Immer wieder müssen sich Musliminnen, die Kopftuch tragen, gegen Verbote und Hindernisse im Beruf wehren. Eine Frau, der offensichtlich wegen eines religiösen Symbols eine Anstellung verweigert wird, kann wegen Diskriminierung klagen. Was kann sie aber tun, wenn sie aufgrund von Name und Aussehen erst gar nicht für eine Stelle in Betracht gezogen wird?

Die Ergebnisse einer Studie zeigen nun: Bewerberinnen mit Kopftuch werden bei der Jobsuche benachteiligt. Sogar ein türkisch-klingender Name reicht aus, um die Chancen auf die Einladung zum Vorstellungsgespräch zu mindern.

Für die Studie, die vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlicht wurde, verschickte die Ökonomin Doris Weichselbaumer von der Universität Linz fast 1500 fiktive Bewerbungen an Unternehmen in Deutschland. Sie verwendete dazu jeweils die gleiche Bewerbung mit dem gleichen Bewerbungsfoto. Der einzige Unterschied: Einmal hat die Bewerberin einen deutschen und einmal einen türkischen Namen. In einer dritten Variante trägt die türkischstämmige Frau ein Kopftuch, das modern und locker über den Haaren liegt. Von einer Vollverschleierung, deren Verbot in den jüngsten politischen Debatten diskutiert wurde, kann also keine Rede sein.

Bewerberin Sandra Bauer wurde in 19 Prozent der Fälle zum Vorstellungsgespräch eingeladen, Meryem Öztürk bekam nur in 13,5 Prozent der Fälle eine positive Rückmeldung. Wenn sie dazu ein Kopftuch trug, minderte sich die Quote auf vier Prozent. Bei gleicher Qualifikation und einem offensichtlich "deutschen Bildungsweg" müssten Frauen mit Kopftuch also viermal so viele Bewerbungen verschicken, um eine Einladung zum Vorstellungsgespräch zu bekommen.

Bei ausgeschriebenen Stellen, die eine höhere Qualifikation verlangen, war das Ergebnis noch eindeutiger. Für eine Stelle in der Bilanzbuchhaltung musste die kopftuchtragende Meryem Öztürk 7,6-mal mehr Bewerbungen verschicken als Sandra Bauer. Für eine Stelle als Sekretärin waren es 3,5-mal mehr. Die Größe oder Internationalität der Firmen machte dabei keinen Unterschied.

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