Diskriminierung:16 Männer und keine Frau

Wegen Diskriminierung hat sich eine Frau eine Entschädigung in Höhe von 20.000 Euro erstritten. Den Beweis für die Benachteiligung erbrachte sie mit Hilfe der Statistik.

Erstmals ist in Deutschland ein Arbeitgeber aufgrund einer Wahrscheinlichkeitsrechnung wegen Diskriminierung einer Mitarbeiterin verurteilt worden. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin erklärte am Mittwoch, es gehe davon aus, dass die Verwertungsgesellschaft Gema die Frau aus diskriminierenden Gründen bei der Neubesetzung eines Direktorenpostens nicht berücksichtigt habe.

Gema Berlin

Gebäude der Gema in Berlin: Nicht nur aus reinem Zufall sind dort alle 16 Direktorenposten mit Männern besetzt.

(Foto: Foto: Gema)

Die Klägerin habe den statistischen Nachweis darüber erbracht, dass es kein Zufall sei, dass alle Führungspositionen mit Männern besetzt sind. Die Gema sei den Gegenbeweis schuldig geblieben. (AZ: 15 Sa 517/08)

Das Unternehmen wurde zu einer Schadenersatzzahlung von 20.000 Euro plus einer Nachzahlung des bisherigen Verdienstausfalls in Höhe von 28.214,66 Euro sowie der Ausgleichszahlung der künftigen Gehaltsdifferenz verurteilt. Beide Seiten wollen gegen das Urteil vor dem Bundesarbeitsgericht Revision einlegen. Die Klägerin hatte Schadenersatz von mindestens 90.000 Euro gefordert.

Gleichrangig qualifiziert

Die Gema hatte 2006 den Posten des Personaldirektors ohne jede Ausschreibung an einen Mann vergeben, der bis dahin die Personalabteilung des Unternehmens in München geleitet hatte.

Dagegen klagte die Abteilungsleiterin der Personalabteilung in Berlin auf der Basis des damals neu erlassenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Die heute 47-Jährige fühlte sich bei der Beförderung übergangen, weil sie sich als gleichrangig qualifiziert ansah und zudem länger als der Konkurrent im Unternehmen gearbeitet hatte.

Als ein Indiz für die Diskriminierung ließ die Klägerin ein mathematisches Gutachten anfertigen. Dieses ergab eine Wahrscheinlichkeit von unter einem Prozent für die Annahme, dass bei der Gema aus reinem Zufall alle 16 Direktorenposten mit Männern besetzt sind, während der Frauenanteil im Unternehmen bei rund 85 Prozent liegt. Der Vorsitzende Richter, Joachim Klueß, sagte, die Klägerin habe damit den statistischen Nachweis erbracht, dass sie offenbar aufgrund einer Diskriminierung nicht befördert worden sei. Zudem seien bei der Gema auch in der zweiten Führungsebene mit Ausnahme einer einzigen Frau nur Männer anzutreffen.

Analysen als gängiges Mittel

Da es für den umstrittenen Direktorenposten kein Ausschreibungsverfahren gegeben habe, habe die Gema in diesem Fall den Vorwurf der Diskriminierung nicht widerlegen können, sagte Klueß weiter. Das Unternehmen hatte angeführt, die Betriebswirtin habe im Gegensatz zu dem beförderten Konkurrenten keinen Hochschulabschluss in Betriebswirtschaftslehre gehabt. Dieser sei nach gängiger Übereinkunft im Unternehmen aber für den Posten erforderlich gewesen. Der Richter ließ dies nicht als Gegenbeweis gelten. Die 47-Jährige hatte ihren Abschluss auf einer Hotelfachschule gemacht.

Es war das erste Mal, dass in Deutschland eine Klägerin aufgrund einer statistischen Wahrscheinlichkeitsberechnung recht bekam. In den USA sind diese Analysen ein gängiges Mittel, um Diskriminierungen zu belegen. Beide Seiten wollen vor dem Bundesarbeitsgericht in Revision gehen. Der Anwalt der Klägerin, Hans-Georg Kluge, sagte, die Schadenersatzleistung sei zu niedrig angesetzt. "Das zahlt die GEMA aus ihrer Portokasse." Es dürfe nicht Schule machen, "dass die Arbeitgeber so billig davonkommen". Die Rechtsvertreter der GEMA waren nach dem Urteil nicht für eine Stellungnahme zu sprechen.

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