Der Vertrieb fragt lieber noch mal nach. "Nein, wir liefern nicht in die USA", bestätigt Dorothee Berger telefonisch und legt dann auch schon wieder auf - nicht ohne sich zuvor freundlich verabschiedet zu haben. Zusammen mit ihrer Mutter Christine führt die 37-Jährige die Geschäfte des Petzower Sanddorngartens und achtet ganz offensichtlich auf guten Stil. Er gehört zum Familienunternehmen - wie der Sanddorn, der hier, auf einer Fläche von 150 Hektar zwischen Havel und Schwielowsee im Potsdamer Umland, angebaut und verarbeitet wird.
Mehr als 70 Produkte stellt der Familienbetrieb mit seinen etwa 25 Beschäftigten mittlerweile selbst her, weitere produzieren Partnerunternehmen mit dem Sanddorn aus Petzow. Zu sehen und zu testen ist das gesamte Sortiment im Hofladen und seinem angeschlossenen Café-Restaurant, in das sich selbst an diesem nieselgrauen Vormittag Fahrradausflügler zur Rast versammeln. Ganz analog plaudern sie dort, scherzen und lachen, während Dorothee Berger nur einen Tisch weiter konzentriert ein Thema verhandelt, das nicht nur für den Sanddorngarten erfolgskritisch ist, sondern auch für den gesamten Mittelstand: die Digitalisierung.
Die digitale Transformation ist bestimmendes Thema im Mittelstand. Fast drei Viertel der Unternehmen schätzen die Digitalisierung als wichtig oder sehr wichtig ein, wie der im Sommer veröffentlichte "Digitalisierungsindex Mittelstand" zeigt. Die repräsentative Befragung von 1000 Firmen im Auftrag der Deutschen Telekom offenbart aber auch, dass viele noch ganz am Anfang stehen. Elf Prozent haben sich noch nicht mit dem Thema befasst. Fast die Hälfte der befragten Mittelständler packt die Digitalisierung schrittweise an.
So wie der Sanddorngarten. Die Bergers haben schon einige digitale Projekte bewältigt. Den Webshop natürlich, aber eben auch die Einführung eines Warenwirtschaftssystems. Der nächste, entscheidende Schritt steht dagegen noch aus: die Umstellung auf Scan-Waren-Geräte. Bestellungen werden in Petzow noch mit Lieferscheinen begleitet, egal ob die Sendung nach Brandenburg, ins europäische Ausland oder nach Taiwan geht. "Die Informationen auf den Lieferscheinen werden dann bei uns per Hand erfasst und im Warenwirtschaftssystem gespeichert", sagt Dorothee Berger. Man muss nicht wie sie Betriebswirtschaft studiert haben und eine ausgewiesene Expertise im Qualitätsmanagement mitbringen, um zu wissen: Effizienz sieht heute anders aus.
Doch manchmal kann die Notwendigkeit, etwas zu ändern, noch so offenkundig sein, sie läßt sich dennoch nicht immer sofort umsetzen. Da muss eben erst das nötige Geld für die Investition beschafft sein, und auch die Beschäftigten wollen mitgenommen sein. Das ist gerade in traditionsbewussten Familienunternehmen wie dem Sanddorngarten nicht immer leicht. "Unser Produktionsleiter ist über 60 und vor allem den digitalen Neuerungen gegenüber nicht so aufgeschlossen", sagt Berger. Digitalisierung sei eben auch eine Frage des "Generationenwechsels".