Die Montagsfrage:Ist der Bachelor besser als sein Ruf?

Vor zehn Jahren startete der Bologna-Prozess zur Vereinheitlichung des Studiums in Europa. Julian Nida-Rümelin, Christoph Markschies und Robert Gwisdek kommentieren.

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Die Studenten protestieren wieder - gegen verkürzte und verschulte Studiengänge, gegen Studiengebühren und zu geringe Investitionen in Bildung und Wissenschaft. Seit einem bundesweiten Aktionstag am 17. November reißen Streiks und Hörsaalbesetzungen nicht ab. Auffällig einmütig bekunden Hochschulen und Politik ihre Solidarität. In der Ursachenforschung und den Lösungsvorschlägen gehen die Meinungen allerdings auseinander. Wie viel Gestaltungsspielraum brauchen Studenten? Muss disziplinierter studiert werden? Gehört das Bachelor/Master-System reformiert oder abgeschafft?

Julian Nida-Rümelin, Kulturstaatsminister unter Gerhard Schröder und Professor für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München sieht "die internationale Konkurrenzfähigkeit und Mobilität", zwei Hauptziele der Bologna-Reform, als verfehlt an. "Studiengänge, die zum Teil international ein sehr hohes Renommee hatten" seien zudem durch hochgradig verschulte Studiengänge ersetzt worden, die es "in der Form zum Beispiel in der USA überhaupt nicht gibt."

Christoph Markschies, Präsident der Berliner Humboldt Universität kritisiert einerseits, die Bologna-Reform sei in Teilen "viel strenger umgesetzt worden, als das nötig gewesen wäre", andererseits wären viele Studierende mit der "großen Liberalität des Studiums post '68" nicht zurecht gekommen.

Laut Schauspieler Robert Gwisdek, der im Kinofilm "13 Semester" einen eigensinnigen Studenten spielt, läuft das Studium Gefahr, durch die Erhebung von Gebühren bei gleichzeitiger Verkürzung der Studienzeiten, zu einer "extremen Elitesache" zu werden. Er wirft dem verschulten Universitätsbetrieb vor, lediglich die Wiedergabe von auswendig Gelerntem im richtigen Moment zu honorieren. "Probleme selbst zu lösen" würde nicht trainiert.

Christoph Markschies registriert solche generelle Kritik am Bildungswesen mit "Bekümmernis", zieht "handwerklich sauberes" Nacharbeiten der großen Gesellschaftsdebatte vor. Er stimmt mit Julian Nida-Rümelin überein, dass die Größe von Gestaltungsspielräumen vom jeweiligen Studiengang abhänge. Von der Forderung nach höheren Investitionen in den Bildungs- und Wissenschaftssektor abgesehen, sind sie bei der Zuweisung von Verantwortung für eine Reform der Bologna-Reform jedoch geteilter Meinung.

"Rede nicht nur, sondern tu was!" fordert Markschies den "deutschen Professor" auf. Nida-Rümelin wittert in der derzeitigen allgemeinen Solidarisierung mit den Studentenprotesten "Heuchelei". Er hofft, dass die Studierenden mit ihren Protesten nicht nachlassen und den Druck verstärken, bis die "Wissenschaftspolitik, die Hochschulrektoren und die Verwaltungen in den Universitäten" wirklich gründlich reformieren.

Die Montagsfrage wird präsentiert von www.planet-interview.de (Portal für Interviews.)

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