Deutsche Bildungskarrieren:Wissen wird Macht

Vom Taxifahrer zum Außenminister, vom Maurersohn zum Ministerpräsidenten: Der zweite Bildungsweg brachte deutsche Politiker aus kleinen Verhältnissen ganz nach oben.

Susanne Popp

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Deutsche Bildungskarrieren:Gerhard Schröder

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Quelle: SZ

Aufstieg durch Bildung: ein Versprechen, das in den siebziger Jahren die politische Diskussion beherrschte und für Aufbruch, sozialen Fortschritt sowie für Gerechtigkeit stand. Erfolg sollte dankt persönlicher Anstrengungen und einem starken Willen für jeden erreichbar sein. Profitiert haben davon auch Politiker, die es - aus kleinen Verhältnissen stammend - bis ganz nach oben geschafft haben. sueddeutsche.de zeigt acht nicht ganz typische Karrieren.

Vom Sohn eines Kirmesarbeiters zum Bundeskanzler - das klingt fast wie der vielzitierte amerikanische Traum. Allerdings ist es der siebte Kanzler der Bundesrepublik, der auf diesen ungewöhnlichen Lebensweg zurückblicken kann: Gerhard Schröder wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, machte nach der Volksschule eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann und jobbte als Bauhilfsarbeiter. 1966 machte er über den zweiten Bildungsweg das Abitur und studierte anschließend in Göttingen Jura. Die Karriereleiter zeigte fortan steil nach oben: Staatsexamen, Zulassung als Rechtsanwalt und Mitgliedschaft im Bundestag.

Mit der Wahl zum Ministerpräsidenten Niedersachsens ging 1990 Schröders Stern am rot-grünen Polit-Himmel auf. Höhepunkt ist die Wahl zum Bundeskanzler am 27. September 1998. wird er Bundeskanzler.

Heute, nach dem Ende seiner Amtszeit, schlägt Gerhard Schröder neue Karrierewege ein. So wurde er im Mai 2007 Berater des chinesischen Außenministeriums - mit der Aufgabe, traditionelle chinesische Medizin in Europa bekannt zu machen.

Schafft jeder, der sich anstrengt, den Aufstieg - oder hängen alle Chancen vom Elternhaus ab? Schreiben Sie uns von Ihren Erfahrungen im Bildungssystem: Was ist gut, was muss sich ändern? Welche Ängste plagen Sie?

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Deutsche Bildungskarrieren:Kurt Beck

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Quelle: SZ

"Der Union fehlt es an Respekt vor hart arbeitenden Menschen." So urteilt Kurt Beck über die Bildungspolitik der CDU.

Der Maurersohn ließ sich nach der Schule zum Elektromechaniker ausbilden und arbeitete als Funkelektroniker beim Heeresinstandsetzungswerk in Bad Bergzabern. An einer Abendschule holte er 1972 die Mittlere Reife nach. Beeindruckt von Persönlichkeiten wie Willy Brandt trat er im gleichen Jahr in die SPD ein.

Nach drei Jahren als Fraktionsvorsitzender wurde Beck 1994 vom rheinland-pfälzischen Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt. Seit Edmund Stoibers Rücktritt im Jahr 2007 ist er damit der dienstälteste Ministerpräsident der Bundesrepublik.

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Deutsche Bildungskarrieren:Erwin Huber

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Spiel mit dem Feuer: Die Krise der Bayern LB zwang Erwin Huber 2008 zum Rücktritt als bayerischer Finanzminister und Parteivorsitzender der CSU. Der Niederbayer war jahrelang einer der politischen Führungskräfte in Bayern.

Dabei sah zunächst alles nach einer Laufbahn als Finanzbeamter aus. Huber begann nach der Mittleren Reife eine Ausbildung bei der Bayerischen Finanzverwaltung und arbeitete in diversen Finanzämtern. Aber er wollte mehr: Über das Abendgymnasium bestand er 1973 das Abitur und ging den klassischen zweiten Bildungsweg mit Hochschulstudium der Volkswirtschaftslehre in München. Als Diplom-Volkswirt schloss er 1978 ab und bildet sich seitdem bevorzugt bei klassischer Musik und einem guten Buch weiter.

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Deutsche Bildungskarrieren:Norbert Blüm

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Quelle: SZ

Erst die Lehre zum Werkzeugmacher, dann das Studium zum Dr. phil.: Norbert Blüm fand über das Abendgymnasium den Weg an die Universität. Nach seinem bestandenen Abitur 1961 studierte er Philosophie, Germanistik, Geschichte und Theologie unter anderem bei Joseph Ratzinger. Im Anschluss an die Promotion 1967 begann Blüms politische Karriere: Ab 1969 war er Mitglied des Bundesvorstandes der CDU. In seiner Heimat Nordrhein-Westfalen wurde er 1987 zum Landesvorsitzenden gewählt, auf Bundesebene hatte er von 1982 bis 1998 das Amt des Ministers für Arbeits- und Sozialordnung inne.

Nach seiner politischen Karriere engagierte sich der gebürtige Rüsselsheimer im Nahostkonflikt und wurde aufgrund seiner Kritik an Israel wiederholt mit dem Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert. Den erfreulicheren Dingen des Lebens widmet Blüm sich als Kabarettist - gemeinsam mit Schauspieler Peter Sodann, der aktuell für die Linkspartei um das Amt des Bundestagspräsidenten kandidiert. Norbert Blüm selbst hat sich nie um das höchste Amt im Staat beworben, trotzdem kann er auf eine Reihe von Auszeichnungen zurückblicken: So wurde er 1984 zum Pfeifenraucher des Jahres, 2001 zum Brillenträger des Jahres und 2005 zum Botschafter des Bieres ernannt.

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Deutsche Bildungskarrieren:Joschka Fischer

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Joschka Fischers Lebenslauf gleicht nicht nur in sportlicher Hinsicht einem Marathon: Sowohl auf politischer Ebene als auch im privaten Bereich musste der Metzgerssohn zahlreiche Tiefpunkte überwinden. So brach er das Gymnasium noch vor Ende der zehnten Klasse ab, begann eine Lehre als Fotograf, gab bereits nach einem Jahr wieder auf und arbeitete vorübergehend als Spielwarenverkäufer.

Aufgrund seines Engagements in der Studentenbewegung entdeckte Fischer sein politisches Interesse: 1982 trat er in die Partei Bündnis 90/Die Grünen ein und wurde als provokanter Redner einer der Führer des realpolitischen Flügels der Umweltpartei. Fischer wandelte sich in dieser Zeit vom belächelten Übergewichtigen zum disziplinierten Ausdauerläufer. Hand in Hand mit dem läuferischen Erfolg erreichte Fischers politische Karriere ihren Höhepunkt: Am 27. Oktober wurde er als Vizekanzler und Außenminister der neuen rot-grünen Koalition vereidigt.

Heute arbeitet Fischer als Gastdozent an verschiedenen Universitäten.

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Deutsche Bildungskarrieren:Erwin Teufel

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Mit 16 Jahren trat Erwin Teufel der Jungen Union bei, neun Jahre später, im Jahr 1964, wurde er in Spaichingen zum jüngsten deutschen Bürgermeister gewählt - da blieb keine Zeit für Schulbesuch und Universität. Statt das Gymnasium zu beenden, absolvierte Teufel eine Ausbildung zum Verwaltungswirt, die er dank der Umwandlung der Verwaltungsfachschule zu einer Hochschule sogar mit Diplom abschloss. Sein politischer Ehrgeiz brachte ihn von 1991 bis 2005 als Ministerpräsidenten an die Spitze des Landes Baden-Württemberg.

Nach der Politik entdeckte Teufel die Philosophie für sich: Trotz fehlenden Abiturs ließ ihn die Münchner Universtität im Wintersemester 2005/06 zum Studium zu - viele abgelehnte Normal-Studenten protestierten. Letztlich war die ganze Aufregung umsonst, denn Erwin Teufel kehrte der Elite-Uni bereits nach zwei Jahren wieder den Rücken.

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Deutsche Bildungskarrieren:Michael Glos

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Vom Müller zum Bundeswirtschaftsminister: Als Spross einer traditionellen Handwerksfamilie trat Michael Glos zunächst in die Fußstapfen seines Vaters und übernahm nach seiner Meisterprüfung 1968 den elterlichen Betrieb. Zwei Jahre später tauschte er den Mühlraum gegen die politische Bühne und trat in die CSU ein. Bis 1993 arbeitete sich der Unterfranke bis zum Bezirksvorsitzenden hinauf. 2005 kam dann der Ruf in die Bundesregierung - Michael Glos wurde zum Minister für Wirtschaft und Technologie ernannt. Überraschend legte er das Amt im Februar 2009 nieder - offiziell, um einem Neuanfang in der CSU nicht im Weg zu stehen.

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Deutsche Bildungskarrieren:Willy Brandt

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Auch für Willi Brandt war eine große Karriere alles andere als selbstverständlich: Als nichtehelicher Sohn einer Verkäuferin besuchte er nach der Mittel- und Realschule das Gymnasium in Lübeck und bestand 1932 das Abitur. Für ein Studium fehlten ihm die Mittel, deshalb begann Brandt ein Volontariat bei einer Reederei. Im Dritten Reich emigrierte er nach Norwegen, dort wurde ihm die Aufnahme eines Geschichtsstudiums ermöglicht.

Publizistische und politische Aktivität waren dem jungen Brandt jedoch wichtiger als die universitäre Lehre - und auch ohne Abschluss gelang ihm 1949 als Abgeordneter der SPD der Eintritt in den ersten Deutschen Bundestag der Bundesrepublik. Als Karriereschritte folgten: 1957 regierender Bürgermeister von Berlin, 1966 Außenminister und von 1969 bis 1974 Bundeskanzler. Sein "Kniefall von Warschau" leitete die Entspannungspolitik mit Osteuropa ein und brachte dem Kanzler internationale Anerkennung und den Friedensnobelpreis 1971.

Schafft jeder, der sich anstrengt, den Aufstieg - oder hängen alle Chancen vom Elternhaus ab? Schreiben Sie uns von Ihren Erfahrungen im Bildungssystem: Was ist gut, was muss sich ändern? Welche Ängste plagen Sie?

Foto: dpa

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