Süddeutsche Zeitung

Das Streiflicht:Männer, an den Herd!

Manche Leidenschaft kann nur ein Hausmann entfachen.

(SZ vom 23.10.2003) In der Urzeit, als die Menschen noch Mammutfelle trugen und in Höhlen hausten, die sie winters mit Bären teilten, war die Sache klar geregelt: Der Mann musste, wie ein schwäbischer Dichter sehr viel später notierte, "hinaus ins feindliche Leben", musste Wisent und Wollnashorn jagen, während daheim "die züchtige Hausfrau" den Felsboden bohnerte und die Knochen vom Frühstück wegräumte. So wollte es Gott, und so wollte es Schiller, aber seit die beiden tot sind, ist nichts mehr wie früher.

Längst ist das feindliche Leben eine Domäne der Frau, sogar Fußballweltmeister werden die jetzt, und vor den mächtigsten unter ihnen - Angela Merkel, Sabine Christiansen - kuschen selbst Minister. Der Mann hingegen, ach Gott! Ist schon froh, wenn er, wie jüngst Georg Marszalkowski, in Hamburg zum "Hausmann des Jahres" gekürt wird. Leidet an Schlaflosigkeit wie David Gest, den Liza Minelli während ihrer kurzen Ehe angeblich verprügelt hat. Dreht durch wie jener 38-jährige Maurer aus Saint-Etienne, der soeben zu vier Monaten auf Bewährung verurteilt wurde. Der Mann hatte seine Frau mit vorgehaltenem Revolver zum Hemdenbügeln gezwungen.

Es fällt auf, dass im Geschlechterkampf zunehmend der Haushalt ins Zentrum rückt. Aus irgendwelchen Gründen fruchtet es nicht mehr, wenn sich der Mann über die Fragen "Wer kocht, wer wäscht, wer bügelt?" mit dem Hinweis hinwegstiehlt, das gehe ihn nichts an, er sei schließlich für die Fragen "Was können wir wissen, was sollen wir tun, was dürfen wir hoffen?" zuständig. Nein, er muss ran, muss zu Besen und Bügeleisen greifen, und wenn jetzt einer sagt, das kenne er schon, das sei sein tägliches Leben, dann darf er sich mit Brad Pitt und Robbie Williams zu den "most sexiest men alive" zählen. Die Zeitschrift Avanti will nämlich herausgefunden haben, dass Männer, die Hausarbeit verrichten, sexy seien und bei Damen Lust auf Zärtlichkeit wecken - wie verwegen die auch sein mag zwischen Lappen und Eimer.

Mit Verlaub, Kolleginnen von Avanti: Das ist doch ein Trick, das sagt ihr doch nur, um gutwillige Männer an den Herd zu locken, damit ihre Gattinnen Zeit haben, Fußball zu spielen oder Wollnashörner zu jagen. Andererseits, so rätselhaft, wie Frauen sind, ist die aphrodisierende Wirkung eines Mannes in Küchenschürze nicht ausgeschlossen. Wer bisher mit Rosen und einer Flasche Barolo bei der Angebeteten erschien, ohne den erhofften Erfolg zu haben, tut gut daran, es mit dem Staubsauger zu probieren. Und was das Theater betrifft, so wäre der Fall Romeo und Julia glaubwürdiger, wenn der junge Mann, statt am Balkon Süßholz zu raspeln, mal ordentlich bei den Capulets durchgefegt hätte. "Das wilde Blut, das in den Wangen flattert", seufzt Julia. Solche Leidenschaften kann nur ein Hausmann entfachen.

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