Frau Vornehm fällt auf. Sie trägt eine ausgestellte graue Kostümhose, graue Schuhe und einen tomatenroten Blazer. Dazu goldene Ohrringe und einen goldenen Anhänger im gebräunten Dekolleté. Heidi Vornehm ist Imageberaterin. Früher war sie Chefsekretärin eines bayerischen Oberbürgermeisters, führte eine Boutique für Damenmode im Münchner Süden und bildete sich weiter zur Farbstylistin.
Klassisch-konservativ oder kreativ? Bevor man sich bewirbt, sollte man sich informieren, welcher Dresscode in der angestrebten Branche herrscht.
(Foto: iStockphoto)Heute berät sie Menschen, wie sie ihr Outfit und ihr Auftreten optimieren können, um etwa bei einem Bewerbungsgespräch eine gute Figur zu machen. Außerdem gibt sie Benimmkurse: Knigge für Kinder, Businessetikette zum Beispiel. Vornehm sei kein Künstlername, sondern ihr Mädchenname, versichert sie.
Heidi Vornehm berät Leute wie Oleg Kaplan. Der 29-Jährige hat gerade sein Maschinenbaustudium an der Technischen Universität München absolviert und sucht nun seine erste Stelle. Kaplan hat sich für den Termin mit der Imageberaterin nicht besonders aufgebrezelt. Er trägt eine eng geschnittene, blaue Stoffhose, dazu ein weißes Hemd mit blauen Streifen und braune Wildlederschuhe. Keine Krawatte.
"Schlank, groß, eine ideale Figur." Am Rohmaterial hat Heidi Vornehm nichts auszusetzen. Nur die ausgebeulten Hosentaschen missfallen ihr. "Typisch Mann!", sagt sie. Kaplan zieht ein Handy und einen Datenstick aus der rechten, einen Geldbeutel aus der linken Hosentasche. "Ich habe mir extra ein besonders flaches Portemonnaie gekauft", rechtfertigt er sich.
Im Allgemeinen interessierten sich mehr Frauen als Männer für eine professionelle Imageberatung, sagt Vornehm. Ihre Typberatung mit "Stilpass" dauert 2,5 bis 3 Stunden und kostet 239 Euro. Eine ergänzende Einkaufsberatung wie hier in einem Bekleidungsgeschäft in der Münchner City schlägt zusätzlich mit 70 Euro pro Stunde zu Buche.
Klassisch-konservativ oder kreativ?
Als "lockeres Business-Outfit" charakterisiert Vornehm den Ist-Zustand. Aber für ein Bewerbungsgespräch natürlich vollkommen ungeeignet. Vor einem Vorstellungstermin empfehle es sich, den Internetauftritt des betreffenden Unternehmens zu studieren.
Welcher Dresscode herrscht in der Firma? Handelt es sich um eine "klassisch-konservative Branche" wie das Bankgewerbe? Oder ein Unternehmen der Kreativbranche, wo man es mit der Etikette nicht ganz so eng sieht? "Sie müssen schon mit Ihrer Kleidung und Ihrem Auftreten signalisieren, dass Sie das Unternehmen wertschätzen", sagt Heidi Vornehm.
In ihrer Broschüre "Fit für den Beruf" heißt es, dass 87 Prozent der Personaler "unangebrachte Kleidung beim Vorstellungsgespräch" bemängelten. "Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck", steht darunter in fetten Lettern. Fast noch wichtiger als ein perfektes Äußeres sei aber ein stimmiges Auftreten, betont die Beraterin. "Entscheidend ist das Gesamtbild."
Man merkt gleich, dass Heidi Vornehm ganz alte Schule ist. Im vierten Stock des Bekleidungsgeschäfts, wo es seriöse Herrenmode gibt, steuert sie schnurstracks einen Ständer an, auf dem taubenblaue Anzüge in allen Größen hängen. Blau sei immer noch die ideale Businessfarbe. Grau gehe auch, sagt sie, und sei noch dazu gerade ziemlich angesagt.
Aber bitte kein braun. Auch ein schwarzer Anzug sei ein "no go" - das ist einer ihrer Lieblingsausdrücke. "Das kann man in der Oper tragen oder zur Beerdigung." Ihre Grundregel lautet: Für eine Bewerbung sollte man sich, egal ob Mann oder Frau, dezent und zurückhaltend kleiden. Schließlich wolle man beim Personaler mit seinen Fähigkeiten punkten und nicht durch Äußerlichkeiten irritieren.