Süddeutsche Zeitung

Business Schools in den USA:Der Glanz verblasst

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Rektoren US-amerikanischer Wirtschaftshochschulen sind besorgt, dass das Interesse ausländischer Bewerber mehr und mehr nachlässt.

Von Benjamin Haerdle

Business Schools sind stark international geprägt - in Deutschland, Großbritannien oder in den USA, wo mit die besten Wirtschaftshochschulen angesiedelt sind. Doch deren Geschäftsmodell, ehrgeizigen jungen Menschen rund um den Globus gegen hohe Studiengebühren eine exzellente MBA-Ausbildung zu bieten, droht in den USA beschädigt zu werden. Schuld daran ist US-Präsident Donald Trump, der nicht locker lässt, die Einwanderung zu reglementieren. Zwar scheiterte im März auch sein zweiter Versuch, mittels eines Erlasses Menschen aus mehrheitlich muslimischen Staaten wie Syrien, Iran, Libyen, Somalia, Sudan und Jemen die Einreise in die USA zu verbieten, doch die Rektoren mancher US-amerikanischer Business Schools fürchten, dass ihnen internationale Studierende den Rücken kehren. Ein Zahlenbeispiel, das die Sorge der US-Schulen verdeutlicht: 56 Prozent der Bewerber für einen zweijährigen Vollzeit-MBA im Studienjahr 2016/17 kamen einer Umfrage der US-Organisation Graduate Management Admission Council (GMAC) zufolge aus dem Ausland. Lässt der Andrang internationaler Kunden nach, würde das die Rentabilität der großen Business Schools mindern, sagt GMAC-Geschäftsführer Sangeet Chowfla. Hinzu komme, dass europäische Business Schools im aktuellen MBA-Ranking der Financial Times bestens vertreten seien, was viele Kandidaten bei der Programmwahl berücksichtigen würden. Dies mache, zusammen mit dem gestiegenen Renommee europäischer MBA-Kurse, Europa und Asien in der momentanen geopolitischen Situation zu attraktiven Standorten.

Europäische Business Schools rechnen mit wachsendem Zulauf, auch wegen des Brexits

An den US-amerikanischen Business-Schulen ist die Unsicherheit derzeit groß. An der Harvard Business School in Boston, Massachusetts, wo zwei Drittel der Executive-MBA-Studierenden aus dem Ausland kommen, schrieb deren Rektor, Nitin Nohria, der Erlass spalte und sorge für Ängste. Studierende hinterfragten ihre Karriereaussichten und seien unsicher, ob ihre Familien sie besuchen könnten; Wissenschaftler debattieren, ob sie Lehre und Forschung fortsetzen sollen, Dozenten sagten Besuche ab, ehemalige Studierende seien unsicher, ob sie ihre Hochschule besuchen sollen. "Der Erlass untergräbt das Fundament akademischer Institutionen", teilte Nohria mit. An der Fuqua School of Business in Durham, North Carolina, kommen circa 40 Prozent der Vollzeitstudenten aus dem Ausland, allerdings nur wenige aus den Staaten, die von Trumps Dekret betroffen wären. Ihr Präsident William Boulding fürchtet jedoch, dass sich ein Einreiseverbot auf alle ausländischen Studieninteressierten auswirken könnte. Diese würden sich fragen, inwieweit sich die USA verändert haben, erklärte er unlängst gegenüber der New Yorker Nachrichtenagentur Bloomberg News. "Ist das nur der erste Schritt von vielen?", "Wird man mich in den USA willkommen heißen?", "Werde ich danach in den USA arbeiten dürfen?" Fragen, auf welche die zahlungskräftige Klientel gerne Antworten hätte. Rahul Choudaha, Mitbegründer des US-Dienstleisters für internationale Studierende Inter-Edge, sieht einen "Domino-Effekt". Es werde nicht nur die Zahl der eingeschriebenen Studenten aus den sechs von einem Einreiseverbot bedrohten Staaten deutlich zurückgehen, sondern auch aus anderen muslimisch geprägten Staaten wie Saudi-Arabien und der Türkei, prognostiziert er.

Sollten MBA-Interessenten etwa aus Asien die USA künftig meiden, müsste das eigentlich eine Steilvorlage für deutsche Business Schools sein. Noch reagieren jene allerdings zurückhaltend. "Einen ausgesprochenen Trump-Effekt spüren wir derzeit noch nicht", sagt etwa Ralf Bürkle, Pressesprecher der Mannheim Business School. Man merke aber bereits seit der Finanzkrise ein wachsendes Interesse von Menschen aus jenen Staaten, für die vor zehn Jahren ein MBA in den USA oder in Großbritannien die erste Wahl gewesen wäre. Gründe für das gestiegene Interesse: Die Finanzindustrie, für die zahlreiche US-Business Schools ausbildeten, sei für viele nicht mehr die Wunschbranche; die deutsche Wirtschaft werde immer attraktiver und die Mannheim Business School sei gut platziert in Rankings. Die European School of Management and Technology Berlin (ESMT) verzeichnet eine Zunahme bei Bewerbungen für den Vollzeit-MBA, der 2018 startet. "Wir erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzt, nicht nur wegen der amerikanischen Politik, sondern auch wegen der Folgen des Brexits", sagt MBA-Direktor Nick Barniville. An der WHU Otto Beisheim School of Management in Vallendar erkennt man noch keinen Trump-Effekt. "Dafür ist es derzeit noch zu früh", urteilt Jürgen Weigand, stellvertretender WHU-Rektor. Die WHU registriere seit einigen Jahren eine stärkere Nachfrage aus dem nicht-europäischen Ausland, weil die USA restriktiver bei der Visum-Vergabe geworden seien.

Doch auch die deutschen Wirtschaftshochschulen fürchten die negativen Folgen der Politik der neuen US-Regierung. Die ESMT ist beispielsweise Teil des Netzwerks Global Network for Advanced Management, an dem internationale Wirtschaftshochschulen beteiligt sind. Einmal pro Jahr organisiert das Netzwerk ein Austauschprogramm, über das sich Studierende aller beteiligten Hochschulen kennenlernen können. "Wir sind besorgt darüber, dass Studierende, die von Trumps Einreiseverbot betroffen sein könnten und sich in den USA aufhalten, womöglich nicht mehr an unseren Austauschangeboten teilnehmen möchten", sagt Direktor Barniville. Sie hätten Angst, nicht mehr in die USA zurückkehren zu können. Auch an der Mannheim Business School prüft man bei Kooperationsprogrammen mit US-Schools, ob Teilnehmer an Studienreisen Probleme bei der Einreise bekommen könnten.

Die Visa-Problematik ist nicht ganz neu. Bei Studienreisen gibt es öfters Probleme mit den USA

Ungewissheit herrscht diesbezüglich auch an der WHU Otto Beisheim School of Management. Die Wirtschaftshochschule setzt MBA-Programme mit der Kellogg School of Management in Evanston im Bundesstaat Illinois um. Bei den diesjährigen Studienreisen steht hinter zwei Studierenden, die iranischer Herkunft sind und in Deutschland leben, noch ein Fragezeichen. "Ob sie einreisen dürfen, wissen wir noch nicht", sagt Weigand. Sollte das nicht der Fall sein, müsse man für sie Ersatzländer suchen oder andere Kurse anbieten. "Das würde natürlich nicht dem Geist des Programms entsprechen, wenn der gesamte Jahrgang in die USA fährt und die beiden nicht." Sollte die Anzahl der Studierenden, die aufgrund der strengeren Visum-Regeln nicht mehr in die USA einreisen dürfen, steigen, würden solche Programme keinen Sinne mehr ergeben. Dann müsse die WHU ihre Programme umgestalten und die USA streichen, sagt Weigand.

Allerdings: Ganz neu ist die Visum-Problematik zum Beispiel für die WHU nicht. Im Jahr 2016 kam in einem Kellogg-WHU-Executive-MBA-Programm ein Syrer problemlos in die USA, während einem indischen WHU-Studenten das Visum verweigert wurde. "Die Entscheidungen sind nicht immer nachvollziehbar, da Ablehnungsgründe nicht genannt werden", sagt Weigand.

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Quelle:
SZ vom 06.04.2017
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