Burn-out-Syndrom:Die Symptome des Burn-out: Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, Herzbeschwerden

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Chronische Schlaflosigkeit, Bauchschmerzen, Herzbeschwerden

Maria Egger zum Beispiel, eine 52-jährige Hausfrau aus der Schweiz: vier anstrengende Kinder, ein Mann, der dauernd arbeitet. "Ich bin im Prinzip ein sehr positiver Mensch", sagt sie über sich. Sie hat sich sehr bemüht, all die Jahre lang - auch um ihre Partnerschaft: Nur wenn sie abends mit ihrem Mann einmal ausgehen wollte, bedurfte es zuvor einer logistischen Großleistung. Mit Vergnügen oder Entspannung hatte das wenig zu tun. Dann schlich sich chronische Schlaflosigkeit ein, Bauchschmerzen und Herzbeschwerden plagten sie.

Jetzt sitzt sie seit zweieinhalb Wochen in der Privatklinik Hohenegg, hoch über dem Zürichsee, und lauscht in die Stille. Das Essen sei so gut hier, sagt sie, so liebevoll zubereitet. Nein, ihre Familie vermisse sie noch nicht. Sie wirkt ratlos. Auch Maria Egger leidet an einem Burn-out-Syndrom. Wie Ärzte, Sozialarbeiter, Manager, Journalisten, Künstler, Lehrer, Fluglotsen, Industriearbeiter. Der Hamburger Psychologe Matthias Burisch, der seit 25 Jahren am Burn-out forscht, hat bei einem Spaziergang an der Süderelbe entlang eine weitere gefährdete Berufsgruppe entdeckt: "Ich kann sie nicht mehr sehen. Ich könnte sie alle totschlagen", sagte dort ein Schäfer über seine Herde von 1000 Tieren, was Burisch zu der sarkastischen Frage verleitete: "Wann kommt die Studie über Schäfer-Burn-out?"

Tabletten schlucken, um Stress auszuhalten

So unscharf der Begriff auch sein mag, so inflationär wird er inzwischen gebraucht. Denn er passt nur allzu gut in eine Gesellschaft, die immer mehr von Unsicherheit, Konkurrenz und Leistungsdruck bestimmt wird. Die Krankenkasse DAK veröffentlichte vor kurzem eine Studie, wonach 800.000 Menschen in Deutschland am Arbeitsplatz regelmäßig Tabletten schlucken, um Stress und Konflikte auszuhalten. Seit Jahren steigt die Zahl der Krankschreibungen aufgrund von psychischen Störungen.

Gerade in Krisenzeiten reichen Unternehmen den Druck von oben nach unten zu den Mitarbeitern durch. Wer als schwach gilt, muss fürchten, dass er aussortiert wird. Eine Reparatur-Industrie von Beratern, Coaches und Trainern hat sich speziell um chronisch überforderte Manager herum gebildet. Wellness-Wochen inklusive Wertewandel, Work-Life-Balance-Kurse, Golf-und-Coaching-Reisen oder Online-Beratung im Internet sollen die Entscheidungsträger einsatzfähig halten.

Doch wenn alles nichts nützt, droht am Ende das Burn-out, die gesellschaftlich akzeptierte Edel-Variante der Depression und Verzweiflung, die auch im Moment des Scheiterns das Selbstbild unangetastet lässt: Wer sich selbst als ausgebrannt bezeichnet, der muss schließlich mal gebrannt haben, der hat sich aufgeopfert, der war einmal ein Top-Mann mit Zukunft. Wer im Kampf um Erfolg und Rendite den Heimatschuss bekommt, der darf sich der Anteilnahme sicher ein. Nur Verlierer werden depressiv, Burn-out dagegen ist eine Diagnose für Gewinner, genauer: für ehemalige Gewinner.

Auf der nächsten Seite: Warum die Hemmschwellen vor Psychotherapeuten oder Klinikaufenthalten niedriger sind als noch vor wenigen Jahren.

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