Bundesweiter Schülerstreik:Schwänzen für bessere Bildung

Morgen protestieren in ganz Deutschland Schüler gegen Turbo-Abitur und Studiengebühren. Lehrer und Eltern unterstützen den Streik.

B. Taffertshofer

Dass Schüler in ganz Deutschland wütend auf die Straße ziehen, das hat es seit Jahren nicht gegeben. Manche nennen es gar ein historisches Novum, dass in dieser Woche Jugendliche aus allen Schulformen Seite an Seite mit Studenten protestieren wollen. Sie alle eint der Zorn über die Bildungspolitik. Zu wenig Lehrer, Unterrichtsausfall, Büchergeld, Turbo-Abitur und später womöglich auch noch Studiengebühren - David Redelberger vom Schülerbündnis in Kassel fallen auf Anhieb gleich mehrere Gründe ein, warum es höchste Zeit ist für einen bundesweiten Schulstreik.

Logi Schulstreik

Bundesweiter Aufruf zum Schülerstreik: Zehntausende Jugendliche in knapp 40 deutschen Städten wollen an diesem Mittwoch den Aufstand erproben.

(Foto: Screenshot: schulaction.org)

Zehntausende Jugendliche in knapp 40 deutschen Städten wollen an diesem Mittwoch den Aufstand erproben. Sie nehmen sich schulfrei, um unter dem Motto "Bildungsblockaden einreißen" für eine bessere und kostenlose Bildung für alle zu demonstrieren. Zum Protest rufen mehrere lokale Schülervertretungen und -gruppen auf, die sich vor kurzem in Berlin zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben. Bei bundesweiten Aktionstagen wollen sie sich mehr Gehör verschaffen. Obwohl sich in Deutschland fast alle über das Bildungssystem aufregten, sagt der 19-jährige David Redelberger, fehle der Politik noch der Druck von der Straße.

Wandertag zur Demo

Nicht selten finden die aufsässigen Schüler auch Rückhalt bei ihren Eltern oder Lehrern. Um drohende Strafen wegen des Unterrichtsboykotts zu umgehen, soll sogar der ein oder andere Wandertag scheinbar zufällig an den Ort der Demonstration führen. Und auch wenn die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Streikaufruf nicht unterzeichnet hat, so tritt doch mancher Funktionär als Redner bei den Kundgebungen auf. So wird in Frankfurt beispielsweise der hessische GEW-Landesvorsitzende Jochen Nagel sprechen.

Die Hüter der staatlichen Schulaufsicht sind in diesen Tagen aber zur Strenge verpflichtet: Demonstrationen während der Unterrichtszeit sind laut Schulrecht nicht zulässig. Wer dennoch demonstriert, müsste zumindest mit einem Eintrag ins Klassenbuch wegen "unerlaubten Fernbleibens vom Unterricht" rechnen. Auch entsprechende Hinweise auf den Zeugnissen wären als Konsequenzen möglich - und wurden bei früheren Gelegenheiten durchaus verhängt. Bisher haben die Ministerien aber noch keine Sanktionen verordnet. Stattdessen sollen in der Regel die Schulleitungen zwischen Schulpflicht und Demonstrationsfreiheit abwägen.

Einen Massenprotest wie in Italien oder Frankreich müssen die Bildungspolitiker im föderalen Deutschland noch nicht fürchten, so realistisch ist auch David Redelberger. Aber der Schülerstreik sei erst der Anfang, sagt er, weitere Protestaktionen seien bereits in Planung.

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