Bore-out:70 Prozent der Deutschen machen Dienst nach Vorschrift

Eine Studie des Gallup-Instituts hat ergeben, dass 15 Prozent der deutschen Arbeitnehmer innerlich gekündigt haben - und infolgedessen mitunter den eigenen Arbeitgeber sabotieren. Diese Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr zwar gesunken, aber immer noch sehr hoch. Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten, nämlich fast 70 Prozent, zählen zu den gering ans Unternehmen gebundenen Mitarbeitern, die ausschließlich Dienst nach Vorschrift machen.

Bore-out betrifft häufig Verwaltungs- und Dienstleistungsjobs, in denen Aufgaben wegrationalisiert oder durch Software erledigt werden. Schuld daran ist aber auch in vielen Fällen das Führungsverhalten der direkten Vorgesetzten. Die allermeisten Führungskräfte wurden aufgrund ihrer Fachkenntnis und Erfahrung befördert. Das sind zwar gute Gründe für eine Beförderung, aber wer Mitarbeiter führt, der braucht Talent zum Führen dringender als Fachkompetenz.

Vor allem Menschen mit geringem Selbstwertgefühl laufen Gefahr, in ein Bore-out zu rutschen. Heinold erklärt das so: "Wenn Sie sich nichts zutrauen oder glauben, sowieso keinen Job zu finden, der Ihnen Spaß macht und der sie interessiert, dann nehmen Sie womöglich einen Job an, der Sie unterfordert oder überhaupt nicht interessiert, nur um des Jobs willen." Eine Weile könne das gutgehen, aber irgendwann komme Langweile auf. "Aber weil Sie sich immer weniger zutrauen, machen Sie immer weiter. Und dann werden Sie müde, sind frustriert und antriebslos - und kommen so schnell nicht mehr raus."

Die "Work-Life-Balance" ist essenziell

Wer sich überhaupt nicht mehr mit seiner Arbeit identifizieren kann, der neigt eher dazu, sich ausgebrannt zu fühlen und verliert auch die Balance zwischen Arbeit und Privatleben. Und die ist essenziell für das Wohlbefinden. Jeder Mensch braucht einen Ausgleich zu seinem Job. Wer sich zum Beispiel in der Freizeit im Fußballverein engagiert, kann sich dort die Freude holen, die ihm in seinem wenig interessanten Berufsleben fehlt. Wer so einen Ausgleich dagegen nicht hat, wer neben einer Leere in der Arbeit auch eine Leere im Privatleben empfindet, der hat bald einen Bore-Out.

Ines Heinold empfiehlt Betroffenen, sich unbedingt Hilfe zu suchen. Ob man die in einer Klinik oder begleitend zum Arbeitsalltag bei einem Coach findet, muss man selbst entscheiden. Philippe Rothlin setzt schon vorher an. "Das Wichtigste ist die Eigenverantwortung. Man muss selber etwas tun", sagt der Schweizer Unternehmensberater. Beschäftigte müssten aktiv vom Vorgesetzten Aufgaben einfordern. "Und vielleicht auch ungefragt neue Dinge erarbeiten, und sich nicht der Langeweile ergeben." Als letztes Mittel bleibe der Jobwechsel.

Agnes Maurer hat sich tatsächlich selbst aus der Langeweile-Spirale befreit. Nachdem alle Versuche, sich mit Kollegen zu solidarisieren und gemeinsam einen Weg aus der Situation zu finden, genauso fruchtlos blieben wie der Gang zum Chef, zog sie die Konsequenzen: Sie kündigte und suchte sich einen neuen Job. Einen, der sie tatsächlich interessiert. Zusätzlich begann sie, sich ehrenamtlich als Lesepatin zu engagieren. Gelangweilt hat sie sich seitdem nur noch sehr selten.

Mit Hilfe dieser Liste der Bore-out- und Burn-out-Symptome können Sie überprüfen, ob Sie selbst betroffen sind.

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