Bordell-Prozess:Callgirl vom Amt

Ist Prostitution ein ganz normaler Job? Muss die Arbeitsagentur einem Bordell Frauen vermitteln - und den Damen sogar Fortbildungen bezahlen? Diese Fragen hat das Bundessozialgericht in einem skurrilen Prozess beantwortet.

Das Arbeitsamt muss einem Bordell keine Prostituierten suchen. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel am Mittwoch höchstrichterlich klargestellt und damit die Forderung eines Bordellbetreibers aus Speyer in dritter und letzter Instanz abgewiesen.

Bordell-Prozess: Von Beruf Prostituierte: Heute gilt Prostitution zwar nicht mehr als sittenwidrig, aber ist noch immer nicht gesellschaftlich anerkannt.

Von Beruf Prostituierte: Heute gilt Prostitution zwar nicht mehr als sittenwidrig, aber ist noch immer nicht gesellschaftlich anerkannt.

(Foto: Foto: afp)

Die Bundesanstalt für Arbeit habe das Ansinnen des 45-Jährigen zu Recht abgelehnt, weil die Behörde nicht verpflichtet sei, "in diesem Bereich" tätig zu werden. "Eine solche Handlung der öffentlichen Gewalt lässt sich nicht mit der Werteordnung des Grundgesetzes vereinbaren", hieß es in der Urteilsbegründung (Az.: B 11 AL 11/08 R).

Verletzung der guten Sitten

Der Mann betreibt bereits ein Etablissement, in dem Frauen "als Selbstständige sexuelle Dienstleistungen gegenüber Dritten" erbringen. Weil er Frauen selbst beschäftigen wollte, verlangte er vom Arbeitsamt die Vermittlung von Prostituierten aus Deutschland und anderen EU-Staaten. Art der Tätigkeit sei die "Vornahme sexueller Handlungen." Die Bundesrichter sahen dadurch jedoch die guten Sitten verletzt.

Früher galt Prostitution generell als sittenwidrig. Prostituierte konnten ihre Freier daher rechtlich nicht einmal zur Zahlung des vereinbarten Lohns zwingen. Dies wurde 2002 durch das Prostitutionsgesetz geändert, das erstmals auch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im horizontalen Gewerbe ermöglichte. Der Bordellbetreiber leitete daraus eine allgemeine gesellschaftliche Anerkennung er Prostitution ab. Es gebe keinen Grund mehr, das Gewerbe von der Arbeitsvermittlung auszunehmen.

Der Anwalt des Mannes argumentierte, Prostitution sei mittlerweile ein normales Gewerbe. Die Bundesagentur dürfe nur bei kriminellen Hintergründen die Vermittlung verweigern, ansonsten habe sein Mandant wie jeder andere Arbeitgeber auch das Recht, die Dienste der Behörde in Anspruch zu nehmen.

Das gelte erst recht, seit es das Prostitutionsgesetz gebe: "Wenn sie in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, muss sich die Anstalt auch um sie kümmern."

Vegetarier beim Metzger

Die Arbeitsbehörde weigerte sich jedoch, weil Prostitution gegen die guten Sitten verstoße. "Wir werden nicht vermitteln, solange es nicht eine eindeutige moralische Haltung in Deutschland zur Prostitution gibt. Wenn doch, müsste es aber ein ganz normaler Beruf sein, ohne Wenn und Aber. Und das schließt auch das Recht auf Weiterbildung ein." Hätte der Kläger mit seinem Ansinnen Erfolg gehabt, hätte die Bundesagentur für Arbeit auch Fortbildungen für Prostituierte finanzieren müssen.

Der Senat ließ die Argumentation des Klägers mit dem Prostitutionsgesetz nicht zu. "Das Gesetz wurde zum Schutz der Beschäftigten gemacht, nicht zur Förderung des Geschäfts."

In der Urteilsbegründung ging das Gericht nicht auf das Argument der Bundesanstalt ein, dass auch deren Mitarbeiter geschützt werden müssten und einigen die Vermittlung von Prostituierten nicht zugemutet werden könne. Das hatte der Anwalt des Bordellbesitzers nicht gelten lassen wollen: "Dann dürfen Sie auch keine Fleischer vermitteln, weil eventuell ein paar Vegetarier bei Ihnen arbeiten."

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