Süddeutsche Zeitung

Bildungsurlaub:Freie Tage für die Weiterbildung

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In 14 Bundesländern können Arbeitnehmer Bildungsurlaub nehmen. Ein Paar Regeln sind dabei aber zu beachten.

Von Verena Wolff

Die Anzahl der Urlaubstage wird in vielen Unternehmen immer kleiner. Doch Arbeitnehmer haben ein Ass im Ärmel - auch wenn es viele gar nicht kennen. Oder nicht in Anspruch nehmen. Denn in 14 der 16 Bundesländer können Mitarbeiter Bildungsurlaub beantragen. Fünf Tage pro Jahr, zusätzlich zum Urlaub. Und das ist gesetzlich verbrieft. Nur Bayern und Sachsen gewähren ihren Arbeitnehmern keinen Bildungsurlaub. Allerdings muss man abwägen, denn in den zusätzlichen Urlaubstagen bleibt die Arbeit in vielen Fällen liegen und muss am Ende wieder aufgeholt werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wer kann Bildungsurlaub beantragen?

Ein Recht auf Bildungsurlaub haben alle Arbeitnehmer, die in einem Bundesland leben, in dem es ein Bildungsurlaubsgesetz gibt. "Es hängt nicht von der Länge der Betriebszugehörigkeit ab, ob ein Mitarbeiter den Urlaub beantragen kann", sagt Michael Felser, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Brühl bei Köln. In den ersten sechs Monaten, der Probezeit, darf allerdings in der Regel kein Bildungsurlaub beantragt werden. Allerdings ist der Extra-Urlaub Ländersache. Das bedeutet, dass die Regelungen variieren können. Und: Wer im einen Bundesland wohnt, aber im anderen arbeitet, unterliegt den Regelungen im Land seiner Arbeitsstätte. Auch sogenannte arbeitnehmerähnliche Selbständige dürfen in den Bildungsurlaub gehen.

Können auch Auszubildende Bildungsurlaub machen?

"Auszubildende haben einen Anspruch auf Bildungsurlaub", sagt Katja Klose, Gewerkschaftssekretärin der Verdi-Jugend, der Jugendorganisation der Gewerkschaft Verdi. Allerdings variiert der Anspruch je nach Bundesland, in dem sie ihre Ausbildung machen. Während ihnen in einigen Ländern fünf Tage beziehungsweise eine Woche zustehen, sind es in anderen Bundesländern zehn Tage, die auf zwei Jahre während der Ausbildung verteilt genommen werden können. Pauschal gilt, dass Auszubildende nur zur politischen Weiterbildung Bildungsurlaub nehmen können, sagt Felser. Doch auch das wird an einigen Orten etwas flexibler gehandhabt.

Bis wann m üssen Aspiranten einen Antrag stellen?

Der Antrag auf Bildungsurlaub muss mindestens sechs Wochen vor Beginn des Kurses auf dem Schreibtisch des Chefs liegen, sagt Felser. Dann hat der Vorgesetzte drei Wochen Zeit, den Antrag zu genehmigen. "Wenn der Chef in dieser Zeit nicht abgelehnt hat, dann gilt der Antrag als genehmigt", sagt der Jurist.

Wie lange kann man in Bildungsurlaub gehen?

In den meisten Ländern stehen Arbeitnehmern fünf Tage Bildungsurlaub pro Jahr zu - bei einer vollen Stelle. Bei Teilzeitarbeit wird der Anspruch anteilig berechnet. "Zehn Tage darf man in zwei Jahren ansparen", sagt Arbeitsrechtler Felser. Mehr aber nicht. "Sonst würde das an vielen Stellen aus dem Ufer laufen." Auch spreche nichts dagegen, den Bildungsurlaub vor oder nach den regulären Urlaub zu legen und so die freie Zeit zu verlängern. "Bei einigen Bundesländern gibt es sogar eine Quote im Gesetz, wie viele Kollegen und Kolleginnen im Betrieb pro Jahr Bildungsurlaub beantragen dürfen", sagt Klose.

Darf der Chef Nein sagen?

Das darf er, wenn zwingende betriebliche Gründe gegen das Fernbleiben eines Mitarbeiters sprechen, etwa in Hochzeiten der Produktion oder wenn wichtige Messen anstehen. Beantragt man Bildungsurlaub zeitig und achtet auf solche Termine, muss der Chef im Grunde zustimmen. "Seinen Urlaub muss man schließlich auch irgendwann nehmen", sagt Felser.

Was genau zählt zum Bildungsurlaub - auch Yoga oder eine Sprachreise?

Es gibt nichts, was nicht angeboten wird, sagt Anwalt Felser. Doch nicht alles ist auch tatsächlich anerkannt. Das Gesetz garantiert in vielen Bundesländern den Anspruch auf politische, kulturelle und sogar allgemeine Bildung, doch es liegt in der Hand des Arbeitgebers, über den sogenannten Mindestnutzen zu entscheiden. Dabei ist es immer gut, sich für eine Weiterbildung zu entscheiden, die den Beruf erleichtert - etwa die Arbeit mit einer bestimmten Software, das Erlernen oder Verbessern von Sprachkenntnissen.

Doch Bildungsurlaub muss nicht immer nur für den aktuellen Job passend sein, gibt Felser zu bedenken. "Das kann auch eine Qualifizierung sein, die man anstrebt, weil man sich auf eine andere Stelle bewerben will." Die Volkshochschulen sind anerkannte Anbieter für Kurse, die Arbeitnehmer im Bildungsurlaub machen können. Auch hierzu gibt es im Internet Hilfe, denn die erlaubten Anbieter unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland.

Wer gesundheitliche Probleme hat, einen geeigneten Anbieter findet und sich mit einem Sportprogramm wieder fitter für den Job macht, kann in bestimmten Fällen auch dafür Bildungsurlaub genehmigt bekommen.

Wer zahlt?

In der Regel muss ein Arbeitnehmer die ausgewählte Fortbildung aus eigener Tasche finanzieren. Der Beitrag seines Arbeitgebers besteht in den zusätzlichen bezahlten Urlaubstagen. "Auch die Krankenkasse kann in einigen Fällen einspringen", sagt Felser.

Einen guten Überblick zum Thema Bildungsurlaub mit Informationen zu den einzelnen Bundesländern findet man unter folgendem Link: www.iwwb.de/weiterbildung.html?seite=26. Auch das folgende Portal der Stiftung Warentest hilft Interessenten weiter: http://weiterbildungsguide.test.de/tools/bildungsurlaub

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Quelle:
SZ vom 16.03.2017
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