Neuaflage im nationalen Bildungsstreik: Mit zahlreichen Aktionen haben Zehntausende Schüler und Studenten für bessere Bildungschancen demonstriert. Über 70.000 folgten nach Angaben der Veranstalter erneut dem Aufruf des Aktionsbündnis Bildungsstreik und brachten ihren Unmut über das Bildungssystem auf die Straße.

Unmittelbar vor dem dritten Bildungsgipfel am Donnerstag sprach sich Kanzlerin Angela Merkel erneut gegen Kürzungen in den Bereichen Forschung und Bildung aus. Wenn gespart werden müsse, dann nicht in diesen Bereichen, betonte sie in Berlin.
Der Protest richtet sich vor allem gegen sämtliche Gebühren und die Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master. Darüber hinaus wird mehr Mitbestimmung, freier Bildungszugang für alle, Lehrmittelfreiheit und selbstbestimmtes Lernen statt starrem Zeitrahmen, Leistungs- und Konkurrenzdruck gefordert.
Besetzungen in Freiburg, Erlangen und Münster
Bereits im vergangenen Sommer hatten dem Aktionsbündnis zufolge bundesweit 270.000 Menschen an Demonstrationen teilgenommen. Rund 70 Bündnisse hatten in diesem Jahr Demonstrationen angemeldet. So fanden Protestaktionen in Stuttgart, Frankfurt am Main und Potsdam statt. Daneben sind in dieser Woche zahlreiche Bildungs- und Protestcamps, Workshops und Mahnwachen geplant.
Am bundesweit größten Protestmarsch in Berlin nahmen laut Veranstalterangaben rund 6500 Menschen teil. In Stuttgart seien es rund 3500 gewesen, in Münster und Dortmund jeweils 5000. In München demonstrierten nach Polizeiangaben rund 700 Schüler und Studenten. Die Veranstalter hatten auf bis zu 10.000 Teilnehmer gehofft, angemeldet waren laut Polizei aber nur 1500. Auf Plakaten forderten sie "Bildung für alle" und kritisierten "Bayern verblödet und alle machen mit".
Kritik an Umstellung auf Bachelor und Master
In Freiburg wurden bei einer Demonstration, an der nach Polizeiangaben rund 1500 Menschen teilnahmen, zwei Zuggleise am Hauptbahnhof besetzt. Die Beamten verhandelten am Nachmittag mit den rund 200 Demonstranten. In Erlangen besetzten laut den Veranstaltern rund 200 Demonstranten das Schloss, in Münster hielten rund 50 Menschen die Bezirksregierung besetzt.
Im Hinblick auf den Bildungsgipfel soll zudem am Donnerstag in Berlin eine Fahrraddemonstration stattfinden.
Grüne warnen vor Scheitern
Bildungsministerin Annette Schavan will bei dem Treffen am Donnerstag die Ministerpräsidenten dazu verpflichten, verbindlich festzulegen, dass Bund und Länder ab 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung ausgeben. Ob diese mitziehen, ist aber unsicher. Sie fordern vom Bund einen größeren Anteil an der Gesamtsumme als die bisherigen 40 Prozent. Merkel wies jedoch darauf hin, dass die Zuständigkeit für Bildung zum großen Teil bei den Ländern liege: "Es muss uns um die Kinder gehen und nicht um die Zuständigkeiten." Derzeit kämen noch zu viele aus der Schule, die als nicht ausbildungsfähig betrachtet würden.
Die Grünen warnten unterdessen vor einem Scheitern des Gipfels. Die Sprecherin für Bildungspolitik, Priska Hinz, forderte, Bund und Länder müssten schnellstmöglich gemeinsame Programme zur nachhaltigen Verbesserung der Bildungsqualität vereinbaren. Die Linke warf der Regierung vor, Schüler und Studierende zu verhöhnen. Die Gewerkschaft Verdi forderte, es müsse endlich Schluss sein mit dem Feilschen um Bildungsausgaben zwischen Bund und Ländern.