Selten zuvor gab es zwischen den Parteien in Deutschland eine so große Annäherung in wesentlichen Strukturfragen des Bildungssystems wie heute. Sozial- und Christdemokraten, die FDP wie die Grünen fordern unisono eine bessere frühkindliche Bildung und ein verpflichtendes Vorschuljahr, sie wünschen kleinere Klassen und besser ausgebildete Lehrer bis hin zu bundesweit vorgegebenen Bildungsstandards und der Aufhebung des Kooperationsverbots im Grundgesetz.
Deutschland ist Europas Schlusslicht wenn es um Bildung geht. Reformen sind dringend nötig - bislang fehlte es an Einigkeit und Geld.
(Foto: dapd)Auf dem Bundesparteitag der CDU, der am Montag in Leipzig beginnt, werden die Delegierten entsprechende Vorschläge diskutieren, ebenso beim Parteitag der FDP an diesem Wochenende - und so ist es auch bei der SPD für den Dezember geplant. Selbst in der lange hart umkämpften Schulstrukturfrage zeichnet sich in immer mehr Bundesländern auch unter Verantwortung grüner Schulminister eine ähnlich gelagerte Entwicklung ab.
Nach dem gescheiterten Versuch, in Hamburg eine sechsstufige Primarschule einzuführen, haben alle offenbar dazugelernt. Weder gibt es in Deutschland stabile Mehrheiten für die Forderung nach einem gemeinsamen Lernen bis zur 10. Klasse, noch sehen die Menschen im unbedingten Festhalten an der Hauptschule eine zeitgemäße Antwort auf die künftigen Herausforderungen. Vorbei scheint auch die Zeit zu sein, in der Verfechter einer leistungsorientierten Schule jenen unversöhnlich gegenüberstanden, die nach mehr Chancengerechtigkeit für alle am Start streben und keinen zurücklassen wollen. Dies gilt erfreulicherweise zunehmend auch umgekehrt.
Man könnte deshalb schlussfolgern, dass Deutschland endlich die Chance erhält, auch im Bildungsbereich in die internationale Spitzengruppe vorzustoßen. Denn dort ist die Bundesrepublik noch längst nicht angekommen, wie jüngste Studien belegen, die Deutschland bei der Innovation weltweit mittlerweile auf Platz vier sehen, bei der Bildung aber erst auf Platz 17 von 26 untersuchten Industrieländern.
Deutschland hinkt mit seinen Bildungsangeboten gerade im vorschulischen und im Elementarbereich im Vergleich zum Ausland hinterher. Jahr für Jahr fallen Unterrichtsstunden millionenfach aus, und rund 60.000 Schüler verlassen Deutschlands Schulen ohne Abschluss. Die Lehrerweiterbildung fristet im Vergleich zu allen anderen Berufsgruppen ein Schattendasein.
Ohne beste Bildung gibt es aber auf Dauer keine starke Forschung und Innovation und damit letztlich auch keine Wohlstandssicherung. Der in den kommenden Jahren sich weiter verschärfende Fachkräftemangel erweist sich schon heute als Wachstumsbremse. Es besteht also dringender Handlungsbedarf.
Um zu echten Fortschritten zu gelangen, ist das Ende ideologischer Grabenkämpfe ein wichtiger Anfang, aber noch kein Garant für den Erfolg. Es müssen vielmehr konkrete Schritte für bessere Angebote von Kinderkrippen und Kindertagesstätten bis zur Universität folgen. Und dafür braucht es auch mehr Geld. Das ist der eigentliche Lackmustest, an dem die deutsche Bildungspolitik in der Vergangenheit schon viel zu oft gescheitert ist. Dies droht erneut, wenn die Länder weiterhin die alleinige Finanzierungshoheit in der Bildungspolitik behalten.