Bildungspolitik:Geld ja, Vorschriften nein

Kanzlerin Merkels Bildungsreise hat schöne Bilder geliefert - ertragreich ist sie jedoch nicht: Die Länder widersetzen sich ihren ehrgeizigen Plänen.

Stefan Braun und Birgit Taffertshofer

An manchen Tagen schreiben die Zufälle ihre eigene Geschichte. So ist es auch an diesem Montag. In Berlin ist ein Preis verliehen worden, gesponsert von Bill Gates, unterstützt von der Patin Angela Merkel. Der Preis des IT-fittesten Lehrers in Deutschland geht diesmal an Olaf Kleinschmidt.

Bildung, ap

Zwei Wochen vor dem Bildungsgipfel in Dresden zeichnet sich ab, dass es den großen Wurf nicht geben wird.

(Foto: Foto: ap)

Der Physik- und Mathelehrer hat für das Sportgymnasium in Magdeburg ein computergestütztes Lernprogramm entworfen, damit Leistungssportler, die selten den Unterricht besuchen, trotzdem ihr Abitur machen können. Das Problem ist nur, dass Kleinschmidt inzwischen kein Lehrer mehr sein will. Er hat sich zwei Jahre beurlauben lassen - weil er die Reformträgheit des Systems und der Lehrer nicht mehr ertragen möchte.

Elan also kann trotz schöner Erfolge gebrochen werden. Und manches spricht dafür, dass es Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer großen Bildungsinitiative bald ähnlich ergehen könnte. Knapp zwei Wochen vor dem Bildungsgipfel in Dresden zeichnet sich ab, dass es den großen Wurf nicht geben wird.

Merkels Bildungsreise hat schöne Bilder geliefert, die Kärrnerarbeit hinter den Kulissen wird dagegen nicht besonders viel Ertrag bringen. Und der Hauptgrund bleibt, dass die Bundesländer nach wie vor nicht bereit sind, sich vom Bund viel vorschreiben zu lassen.

Beitragsfreies Kindergartenjahr

So jedenfalls lässt es sich aus dem aktuellen Konzeptpapier der Staatskanzleien ablesen, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Mehr Geld vom Bund - ja. Mehr Einfluss für den Bund - kaum. Während der CDU-Bundesvorstand an diesem Montag mit breiter Mehrheit noch einmal die Ziele bekräftigt hat, die Zahl der Schulabbrecher ohne Abschluss in den kommenden fünf Jahren zu halbieren und ein verpflichtendes, beitragsfreies Kindergartenjahr einzuführen, ist in dem Papier der Chefs der Staatskanzleien keine Rede davon. Sie möchten die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss nur "deutlich reduzieren". Auch in den anderen Bereichen, wie etwa der frühkindlichen Bildung, bleibt es in dem Konzeptentwurf bei vagen Willenserklärungen.

Entsprechend festgefahren ist das Verhältnis der Länder mit Kanzleramtschef Thomas de Maizière. Der Bund ringt um Einflussnahme, sträubt sich aber dagegen, Geld zu vergeben, ohne dass verbindliche Ziele festgeschrieben sind. Die Ministerpräsidenten verweisen dagegen auf die mit der Föderalismusreform eindeutig geregelte Zuständigkeit: Der Bund solle sich um Jugendschutz oder Weiterbildung kümmern, nicht aber um Schul- und Hochschulpolitik.

Zusätzliches Geld vom Bund fordern die Länder aber gleichwohl. Im Konzeptpapier heißt es: "Der Bund wird den Ländern einen höheren Anteil am Umsatzsteueraufkommen zukommen lassen." Im Gegenzug wollen zwar auch die Länder mehr für Bildung ausgeben, aber nur " soweit sich aus der demografischen Entwicklung Ressourcenspielräume ergeben".

Auf der nächsten Seite: Was hinter verschlossenen Türen noch intensiv diskutiert wird.

Geld ja, Vorschriften nein

Sechs Milliarden Euro zusätzlich

Verbindliche Aussagen, zum Beispiel die geschätzten acht Milliarden Euro, die durch die sinkenden Schülerzahlen frei werden, vollständig für frühkindliche Bildung und Ganztagsschulen zu nutzen, werden vermieden.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte unterdessen schon mal sechs Milliarden Euro zusätzliche Ausgaben des Bundes für Bildung bis 2012 an - allerdings ist ein großer Teil der Summe längst verplant. "Die CDU zündet Nebelkerzen", kritisierte Ulrich Thöne, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Während die Partei sich um etwas Vorzeigbares mühe, kochten die Unions-Ministerpräsidenten im Hinterzimmer Merkels Bildungsgipfel klein.

Intensiv diskutiert wird hinter verschlossenen Türen aber offenbar noch die Idee einer Bildungsstiftung, auch wenn sie im Papier der Staatskanzleien unerwähnt bleibt. Der Vorschlag wird von Wirtschaftsführern wie DIHT-Präsident Ludwig Georg Braun unterstützt. Auch der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte sich dafür ausgesprochen. Doch einige seiner Kollegen befürchten, dass der Bund mit der Milliardenstiftung auch politisch Einfluss nehmen könnte.

Verfassungsrechtlich wäre die Stiftung allerdings die einfachste Lösung, wenn der Bund sich bei den Bildungsausgaben beteiligen soll. Sie würde einen Wettbewerb zwischen den Schulen ausloben und gute Ganztagskonzepte oder neue Unterrichtsformen fördern. Auf echte Reformen müsste Olaf Kleinschmidt aus Magdeburg dann aber weiter warten.

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